CHRISTIAN JAKOB ZU DEN BÜRGERWEHREN IN MEXIKO
: So was kommt von so was

Den regionalen Verlust seines Gewaltmonopols hat sich der mexikanische Staat selbst zuzuschreiben. Wenn Bauernmilizen in diesen Tagen eine Offensive gegen die Narco-Kartelle führen, berufen sie sich zurecht auf Notwehr. Die Gewalt ist in Teilen des Landes so unerträglich, dass ein normales Leben nicht möglich ist.

Und der Staat hat daran nichts geändert: teilweise, weil er unterwandert ist, teilweise, weil er sich bis heute weigert, Konsequenzen aus dem Erstarken der Kartelle zu ziehen.

Dazu würde gehören, sich endlich auf die Seite derjenigen lateinamerikanischen Länder zu schlagen, die den Drogenhandel verstaatlichen und den Narcos so die Geschäftsgrundlage entziehen wollen. Doch Mexikos konservativer Präsident Enrique Peña Nieto steht fest an der Seite der prohibitionistischen USA. Die Narcos morden derweil weiter – und die Milizen nehmen das Recht in die eigene Hand.

Bislang gibt es kaum Berichte über Gewaltexzesse durch die Bürgerwehren. Doch das muss nicht so bleiben. Das traditionelle indigene Recht, das viele der Milizen gern als Garant ihrer Integrität anführen, immunisiert sie keineswegs dagegen, selbst mafiöse Strukturen auszubilden.

Der Staat muss das Phänomen der Bürgerwehren für eine Übergangsphase akzeptieren. Sie, wie jetzt angedroht, gewaltsam zu entwaffnen, solange die Narcos in derselben Region das Kommando haben – damit ist niemandem gedient, der schutzlosen Bevölkerung am wenigsten. Dieser Zustand darf aber nicht lange anhalten. Sonst schaukelt sich entweder die Gewalt zwischen den Bürgerwehren und den Kartellen genauso mörderisch hoch wie schon der Kampf der Narcos untereinander. Oder die Milizen erliegen den Verlockungen ihrer lokalen Machtmonopole – und eine Mafia löst am Ende nur die andere ab.

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