LESERINNENBRIEFE
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Leider kein Witz

■ betr.: „Freitagscasino. Die neue Blase am Markt“, taz vom 10. 1. 14

Die Seigniorage bei Bitcoins kommt eindeutig der Stromwirtschaft zugute und wird verheizt. Das ist leider kein Witz.

Nachdem bei Bitcoins jeder Mining betreiben darf, und trotzdem Mining zur Inflationsvermeidung eine beschränkte Ressource sein soll, wurde das System so gestaltet, dass das Errechnen neuer Bitcoins immer aufwändiger wird. Computer-Rechenleistung ist letztendlich dadurch begrenzt, wie viel aus elektrischem Energieverbrauch stammende Wärme abgeführt werden kann. Hielten sich die Freaks zunächst noch Farmen von Standard-Servern im Keller, musste mittlerweile auf spezialisierte Schaltkreise umgestellt werden, damit noch eine Chance besteht, dass der Wert der errechneten Bitcoins die Stromrechnung soweit übersteigt, dass die Maschinen abgezahlt sind, bevor der Rechenaufwand noch höher getrieben wird. Trotzdem ist es oft ein Verlustgeschäft.

Bei der Goldwährung wurde auch schon zu viel wertvoller Industrierohstoff unproduktiv und verknappend weggesperrt, aber man hatte immerhin noch das Gold, doch bei Bitcoins hat man buchstäblich nichts mehr (außer eine Zeit lang Wärme im Haus). Bitcoin ist intellektuell aufwändig und die Spezifikation voll erfüllt (anonym, fälschungssicher, dupliziersicher, dezentral …). Leider waren Nebenkosten, Effizienz und Ökobilanz nicht Gegenstand der Betrachtung.

Mich hat sehr überrascht wie die Konzeptstudie eines Mathematikers plötzlich soviel Popularität erlangte.

HELMUT TISCHER, Moosburg

Jetzt eine Fleischsteuer fordern

■ betr.: „Die List mit der Freiheit“, Kommentar von Ines Pohl, taz vom 12. 1. 14

In einem doofen Land gilt es als Freiheit, wenn man dumme und schädliche Sachen machen darf, so oft man will. Die Zukunft zählt da nicht, denn Sachen in der Zukunft kann man nicht wiegen und in Kilogramm messen. Wer in einem solchen Land meint, er müsste ein schlimm allgemeines und damit belangloses Wort wie Freiheit auf seine Fahne schreiben, kann auch gleich „Verfassung!“ darauf schreiben. Der Witz von Politik in einem freiheitlichen Rahmen besteht doch darin, dass Interessenkonflikte verhandelt werden, bei denen man den einen Geld und Freiheitsrechte (Erlaubnisse oder Befugnisse) gibt und den anderen dafür wegnimmt, wenn es einem nicht gelingt, gemeinsame Interessen zu formulieren und mehrheitsfähig zu machen. Dabei werden also immer wieder jemandem auch Freiheiten weggenommen.

Um Diskurse um Mehrheiten zu gewinnen, muss man als Minderheit in allererster Linie provokativ, penetrant und radikal sein, sagt die Sozialpsychologie. Darum müssten die Grünen eigentlich jetzt mal eine Fleischsteuer fordern, statt von Freiheit zu faseln und den Veggieday zu bedauern. Aber siehe, der Mut verlässt diejenigen, deren erstes Ziel es ist, viele Stimmen zu bekommen und nicht Inhalte und Argumente unters Volk zu bringen. Letzteres dauert nämlich in einem dummen Land lange, ist nervig und anstrengend und schlecht mit Karriereplanung vereinbar.

Mir wären die Grünen lieber als anstrengende Nervpartei, die all das sagt und fordert, was die Zukunft unserer Kinder humaner, menschlicher, solidarischer und gesünder macht. Voraussetzung wäre allerdings, das innerparteilich eine lebendige, motivierende Diskurskultur herrscht, in der eben nicht die Bundestagsfraktion oder Bloß-nicht-öffentlich-streiten-Steffi oder Bonusmeilen-Cem die grüne Position durch Zeitungsinterviews festlegt, sondern alle Parteimitglieder im herrschaftsfreien Diskurs ernstgenommen werden, so sie denn gute Argumente haben. MICHAH WEISSINGER, Essen

Manchmal ist Lernen kein Genuss

■ betr.: „Prokon. Auf den Genuss folgt nun die Reue“ u.a.,taz vom 13. 1. 14

Dumm gelaufen, versprochene hohe Genussrechte, aber keine Garantie auf die Rückzahlung des Anlagekapitals! Manchmal ist Lernen kein Genuss. Die Wind-Rendite wird immer windiger, weil kein wirklicher Strommarkt existiert: Marktverzerrung durch allerlei Selbstvermarktungshindernisse für Erneuerbare – Kohle und Atom wird subventioniert um ein Vielfaches.

Die Prokon-Anleger dürfen nun wählen zwischen Pest und Cholera: Entweder sie fordern egoistisch ihr Geld zurück, dann ist die Insolvenz besiegelt, aber sie werden auch fast leer ausgehen. Warum? Die Haie stehen sicher schon bereit, die „Hardware“ für wenig Geld aufzukaufen und sich dann einen Orden für die „Rettung“ der Windräder anzuheften. Die altruistische Variante, das Geld bei Prokon zu lassen, wäre wohl eine Möglichkeit für den Fortbestand des Unternehmens, ist aber mit zu viel Unsicherheit befrachtet und daher, ginge es nicht nur um Geld, eine Art Selbstmord.

Da liegt der Knackpunkt: Nicht Egoismus und auch nicht blinder Altruismus könnte das Kapital der aufs Glatteis geführten Anleger „retten“. Aber was wäre, wenn Prokon nun voranginge und alle Anleger zu Anteilseignern machte? Oder umgekehrt: Die Anleger fordern gemeinsam die Übernahme? Es sind doch Werte vorhanden, wenn die Anleger so zu Mitunternehmern werden, werden sie weder auf die dumme Idee kommen, zu viel Zinsen zu fordern, noch ihrem Unternehmen Substanz zu entziehen. Es gibt immer einen dritten Weg – fragt sich nur, ob die Menschen reif dafür sind! Haben die Leute ihr Geld nicht allein aus finanziellen Gründen Prokon anvertraut, dann besteht hier vielleicht eine Hoffnung.

MARTINA HERZOG-WITTEN, Klötze