VOR ORT
: HOLGER PAULER über Bochumer Rewirpower

Hinter dem Namen Rewirpower verstecken sich die Stadtwerke Bochum – das Konstrukt soll weltoffen und heimatverbunden klingen. Schade, dass dies außerhalb von Bochum noch niemand mitbekommen hat. Unter dem Namen Rewirpower beliefern die Stadtwerke noch die Nachbarstädte Herne und Witten mit Gas, Strom und Wasser. „Schon an der Stadtgrenze zu Castrop-Rauxel“ sei Schluss, heißt es aus dem Konzern. Damit sich das ändert, wollen die Stadtwerke expandieren. Möglichst bundesweit. Über das Internet.

Dabei helfen soll der örtliche Fußball-Bundesligist. Der erneute Aufstieg des VfL Bochum macht den Verein als Werbepartner wieder interessant. Bei den mindestens 17 Heimspielen der kommenden Saison soll der Name Rewirpower in die Wohnzimmer der Republik flimmern. Dafür soll der Name des traditionsreichen Bochumer Ruhrstadions weichen: Heim- und Gästefans sollen demnächst im „Rewirpower-Stadion“ oder etwas protziger, in der „Rewirpower-Arena“ erstklassigen Fußball sehen. Die Fraktionen von SPD und CDU im Bochumer Rat haben den Plänen bereits zugestimmt. Die Liberalen enthielten sich, Grüne, PDS, Soziale Liste und die Wählergemeinschaft UWG stimmten gegen den Verkauf der Namensrechte.

Besonders die Grünen, kleiner Koalitionspartner der Sozialdemokraten, fühlen sich übergangen. Fraktionssprecher Wolfgang Cordes befürchtet, dass Gelder, die eigentlich der Stadt zustünden, nun für Spielertranfers draufgehen. Die Stadtwerke müssen ihre jährlichen Überschüsse in die leere Stadtkassen pumpen. Nun sollen für die kommenden fünf Jahre jährlich 1,5 Millionen Euro an den VfL wandern. Ein Skandal? Nicht wirklich, sagt ein Stadtwerke-Sprecher, man habe schließlich ein Marketing-Budget und außerdem sei das Unternehmen dem Verein schon seit längerem verbunden. Der Ratsbeschluss ist nicht mehr zu kippen.

Derartige Rechnereien dürften die Fans des VfL Bochum kaum interessieren. Kurz nach Bekanntwerden der Pläne formierte sich massiver Widerstand. Die Lokalpresse wurde mit Leserbriefen bombadiert, auf der homepage pro-ruhrstadion.de können sich Fans in eine Liste eintragen. Innerhalb der vergangenen zwei Wochen haben knapp 20.000 Menschen die Seite aufgerufen, bis gestern Nachmittag wurden bereits mehr als 4.200 Unterschriften gesammelt. Bei einem Stamm von etwa 20.000 Zuschauern eine beachtliche Zahl.

Dabei müssten die Bochumer Fans Namensspielereien gewohnt sein. Seit 95 Jahren kicken die Fußballer der Stadt zwar immer an der selben Stelle: Anfangs auf „Bauer Dieckmanns Wiese“, später dann im „Stadion an der Castroper Straße“, seit dem Umbau zum reinen Fußballstadion Ende der 1970er Jahre kämpfte der VfL Bochum dann im „Ruhrstadion“ um Tore, Punkte, Meisterschaft. Die Fans befürchten nun einen weiteren Identifikationsverlust. Doch darum geht es den Machern nicht: In Zeiten der Global-Player ist ihnen das anachronistische Label „Stadtwerke“ einfach peinlich.