leserinnenbriefe
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Kein besseres Management

■ betr.: „Schulsenator fordert Restgeld zurück“, taz vom 7. 7. 10

Als die Senatsschulverwaltung den Schulen zusagte, dass die Restbeträge der PKB-Mittel aus 2009 für 2010 bei den Schulen bleiben könnten, war der Verwaltung klar, dass diese Mittel nicht nur für Vertretungen genutzt werden, sondern auch „zweckentfremdet“ in den Schuletat zur eigenverantwortlichen Verwendung fließen würden. Sonst hätte die Übertragung in das nächste Kalenderjahr keinen Sinn gehabt, außer man hätte in 2010 mit mehr als 3 Prozent zu vertretenden KollegInnen gerechnet. Nun den SchulleiterInnen die Einplanung der Gelder in den Schuletat vorzuwerfen ist mehr als hinterhältig. Die Einsparung von PKB-Vertretungsmitteln hat nichts mit besserem Management zu tun. Der Krankenstand unter den LehrerInnen liegt auf hohem Niveau bei über 1.200. In vielen Bereichen der Berliner Verwaltung gibt es schon seit Langem Gesundheitszirkel. Für den Schulbereich steht trotz mehrerer Studien zur Lehrergesundheit vieles nur auf dem Papier. Es gibt noch nicht einmal GesundheitskoordinatorInnen in den Regionen. DETLEF WULFF, Berlin

Ein Unbehagen bleibt

■ betr.: „Richter dürfen frei urteilen“, taz vom 7. 7. 10

Stefan Alberti hat sicherlich recht mit seiner Meinung zu den beiden Strafgerichturteilen. Dennoch bleibt bei vielen Menschen ein Unbehagen zurück. Dieses ist keineswegs der Judikative anzulasten, sondern vielmehr der Legislative, die für die Strafgesetzgebung und damit auch für die Strafrahmen von einzelnen Straftaten zuständig ist. Und da zeigt sich, dass eben die Sanktionierung von Eigentumsdelikten unverhältnismäßig viel schärfer ist als die von Delikten gegen Leib und Leben. Das dahinter stehende Menschenbild passt aber leider wieder einmal nur allzu gut zum real existierenden Kapitalismus. Ohne dieses Bild könnte auch die Waffenlobby nicht so gut ihr tödliches Süppchen kochen. ORTWIN ZEITLINGER, Berlin

Probleme mit RadnutzerInnen

■ betr.: „Verkehr ist kein Wettkampf“, taz vom 2. 7. 10

Es wurde höchste Zeit, dass das Problem rücksichtsloser Radfahrer endlich einmal angesprochen wird. Sicher fehlen vielerorts noch geeignete Radwege. Aber für das aggressive Verhalten zahlloser Fahrradfahrer, die fleißig gegen Verkehrsregeln verstoßen und andere Verkehrsteilnehmer in Gefahr bringen, ist nicht zu entschuldigen und sollte stärker thematisiert und vor allem auch verfolgt werden. Weist man die Radfahrer darauf hin, dass sie auf dem Gehweg nichts verloren und rote Ampeln ihren Sinn haben, erntet man fast niemals Einsicht, sondern meist Beschimpfungen und im schlimmsten Falle Gewaltandrohungen. Leider gibt es noch ein weiteres Problem mit Radnutzern: Oftmals ist die Benutzung der S-Bahn sehr beschwerlich, weil sich in diesen große Anzahlen von Fahrrädern befinden; bisweilen sind sogar mehrere Türen durch die Drahtesel verstopft. Kooperatives Verhalten seitens der Radbesitzer ist nach meiner Beobachtung auch hier eher selten. Dieses Problem wurde durch die verkürzten S-Bahn-Züge allenfalls verschärft, es besteht auch in den regulären Langzügen. BERND-MICHAEL KABIOLL, Berlin

SPD und A 100

■ betr.: „Starkes Kritikeraufkommen auf der A 100“, taz v. 29. 6. 10

Es gab mal einen SPD-Bundesverkehrsminister, der 1967 in dem nach ihm benannten „Leber-Plan“ das Ziel formulierte, dass kein Deutscher mehr als 20 km von einer Autobahnauffahrt entfernt wohnen sollte. Zum Glück wurde dieser Plan nicht umgesetzt. Es gab in München aber auch einen jungen SPD-Oberbürgermeister, Hans-Jochen Vogel, der 1971 in einem Spiegel-Interview sagte: „Das Auto mordet unsere Städte, wer Straßen sät, wird Verkehr ernten.“ Bei den Olympischen Spielen 1972 zeigte Vogel eindrucksvoll, wie Mobilität gesichert wird. Er ignorierte den „Leber-Plan“ und setzte voll auf den öffentlichen Verkehr. Davon profitiert die Stadt noch heute.

Auch für Berlin dachte er in diese verkehrspolitische Richtung. In seiner kurzen Zeit als Regierender Bürgermeister legte er 1981 nicht nur den Grundstein dafür, dass die 147 S-Bahn-Kilometer im Westteil der Stadt vom Senat übernommen wurden. Er beherzigte auch sein Spiegel-Zitat und beerdigte die Bundesautobahn Westtangente. Auf der VeloCity 2008 sagt Vogels Nachfolger in München, der Oberbürgermeister Christian Ude: „Wir müssen BMW in Zukunft wie folgt buchstabieren: Biking, Metro, Walking“. Vogels Nachfolger in Berlin, der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit, dagegen kämpft für den teuersten Autobahnabschnitt, der je in Deutschland gebaut worden ist. Hier wird deutlich: Der mit der Linkspartei koalierende Wowereit folgt Georg Leber und will „back to the fifties“. Der seit 17 Jahren mit den Grünen regierende Ude folgt Hans-Jochen Vogel und will in die Zukunft. MICHAEL CRAMER, MdEP, Die Grünen/EFA