Urlaub mit der CDU

Die Christdemokraten veranstalten ein Tourismus-Symposium, um die Erfolge der Sanierungspolitik zu feiern. Doch ausgerechnet der Bundesexperte der Partei nennt höchst negative Zahlen

Von Henning Bleyl

„Die stehen hier mit ihren Bussen dumm rum, und wir haben nichts davon!“ Solche abfälligen Bemerkungen über Touristen kennt Hartmut Perschau, der CDU-Fraktionsvorsitzende in der Bürgerschaft, er zitiert sie gern und er bekämpft sie – zum Beispiel gestern im Musical-Theater, wohin seine Fraktion zu einer Podiumsdiskussion geladen hatte. In der Tat leben 30.000 BremerInnen vom Tourismus, ebenso 5.000 BremerhavenerInnen. Der jährlich durch Fremdenverkehr generierte Umsatz wird auf 1,55 Milliarden Euro hochgerechnet.

Mit anderen Worten: Bremen kann in Zahlen baden – man muss nur die Richtigen nehmen. Am besten nicht die mit den Übernachtungen, sondern bezogen auf Kurzzeit-Touristen: Der Tagesreiseverkehr hat sich seit 1993 auf 43,8 Millionen Gäste mehr als verdoppelt, 5,2 Millionen davon fahren nach Bremerhaven. Auch im Rest der Republik boomt der Städtetourismus, im Land Bremen aber liegt die Steigerung um 33 Prozent über dem Bundestrend, wie das „Deutsche Wirtschaftswissenschaftliche für Fremdenverkehr“ (dwif) kürzlich errechnete.

Die beste Zahl ist die, mit der die Zunahme der Tagesgeschäftsreisen ausgedrückt wird: fantastische 381 Prozent Zuwachs in den vergangenen 13 Jahren. Wobei man wissen muss, dass es 1993 noch keine Messehallen gab und auch das Kongresszentrum erst im September 1993 eröffnet wurde.

Tourismus-Statistik ist eine beliebte Sommerdisziplin. Meistens gilt dabei: Von außen betrachtet sieht die Lage weniger rosig aus. Bremen belege bei der „Fremdenverkehrsquote“ lediglich den bundesweit zweitletzten Platz, sagt ein Gast aus Sachsen – immerhin der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Tourismus, Christdemokrat Klaus Peter Brähmig. Die Quote errechnet sich aus (belegten) gewerblichen Betten im Verhältnis zur den Einwohnern, und da weise Bremen mit der Ziffer 2,074 lediglich ein Vierzehntel der Mecklenburg-Vorpommerschen Quote auf. Auch „Dertour“-Vizechef Jens-Joachim Brösel, der als Marktführer im Städtetourismus Reisen in 180 deutsche Städte verkauft, sieht Bremen noch nicht mal unter den ersten 60 Urlaubszielen dieses Segments.

Was also will Wirtschaftssenator Jörg Kastendiek unternehmen, bei dessen Ressort die Verantwortung für die Tourismusförderung liegt? Die Stadt brauche „zwei bis drei Leitthemen, mit Bremen wird nichts verbunden“, vermutet der Senator. Peter Siemering, Chef der städtischen Touristik-Zentrale (BTZ), hat überdies ein konkretes Problem: Von ohnehin nicht üppigen 2,1 auf 1,7 Millionen Euro ist sein Zuschuss gerade gekürzt worden, für die weltweite Bewerbung Bremens und Bremerhavens stehen jährlich nur 100.000 Euro zur Verfügung.

So erklärt sich wohlmöglich der ausgebliebene UNESCO-Effekt (mit der Anerkennung von Rathaus und Roland als „Weltkulturerbe“ verbanden sich große touristische Hoffnungen) und die gerade erlebte Schweden-Pleite (die Fans zelteten während der Weltmeisterschaft lieber in Hamburg). Ein weiteres Problem ist die seit langem bekannte Überkapazität im Hotelbereich, die durch die aktuelle Entscheidung, ein neues Hotel am Bredenplatz öffentlich zu fördern, noch verstärkt wird. Dazu kommt, dass Bremen nur von sehr wenigen Billig-Gesellschaften angeflogen wird.

2005 verzeichnet das Statistische Landesamt einen Übernachtungsrückgang von 4,3 Prozent, der auf unter anderem mit der Pleite des Space Parks in Zusammenhang gebracht wird. Genau der jedoch, betont Siemering, sei „kein Problem“ – sondern „eine Riesenchance“.