Liberale Sekundärtugenden

Es ließe sich auch als Drohung lesen: „Schwachen Schülern persönlich helfen“ wolle FDP-Chef Rolf Salo, so verkünden es die Hamburger Liberalen in ihrer Einladung zum finalen Gespräch über den Schul-Volksentscheid am Mittwoch Vormittag in die Alsterarkaden. Um 11 Uhr soll es losgehen. Es fehlt allerdings: Rolf Salo – unentschuldigt.

In die Bresche springen muss die Bundestagsabgeordnete Sylvia Canel, die sich das böse Wort von der „Einheitsschule“ auf der Zunge zergehen lässt und vor einer „sozialistischen Tendenz“ warnt, „andere Schulformen zu verhindern“ – und für mehr Privatschulen wirbt. Pressesprecher Henry Brinker traktiert sichtlich nervös sein Handy – online ist Salo offenbar auch nicht.

Also muss ohne ihn verkündet werden, dass FDP-Funktionäre persönlich Förderkurse für schwache Schüler geben wollen – was die Primarschule dann ja endgültig überflüssig machen könnte. Auch Salo werde mitfördern. Aber der ist ja nicht da.

Nach einer halben Stunde ist dieser Endspurt-Pressetermin dann schon wieder vorbei. Als die Journaille gerade aufbrechen will, kommt – richtig – Rolf Salo. Er wirkt sichtlich verwirrt, und hatte sich, so kommt es heraus, die falsche Uhrzeit in seinen Kalender eingetragen. Viel zu sagen hat er eigentlich auch nicht, will aber wenigstens lustige Wetten eingehen auf den Erfolg des Volksentscheids und den Rücktritt des Bürgermeisters.

Am Ende bleibt die Zuversicht, dass der Herr Salo und die Seinen es schon stemmen werden. Ein Schulsystem im Rücken, das auch wieder Sekundärtugenden vermittelt: Fleiß, Selbstorganisation – und Pünktlichkeit. Wer, wenn nicht sie? MAC