Emotionale Höhepunkte

Der Schmerz sitzt noch tief, aber die deutschen Nationalspieler blicken positiv in die Zukunft – und hoffen auf Klinsmann

AUS BERLIN BASTIAN HENRICHS

Vor der gestrigen Pressekonferenz des DFB liefen noch einmal alle WM-Tore der deutschen Nationalelf in einer Endlosschleife. Jubelszenen und euphorische Fans – bis zum Halbfinale. Doch der Traum vom Titel ist nun ausgeträumt, Ernüchterung hat sich breit gemacht.

Jens Lehmann war anzusehen, dass er die Niederlage noch nicht verarbeitet hat. Die Enttäuschung über das Ausscheiden wiege im Moment noch stärker als der Stolz über die Leistung der Mannschaft. „Gerade mit zwei Tagen Abstand, wird einem bewusst, wie bitter so eine Niederlage ist. Meine Stimmung ist eher schlechter als direkt nach dem Spiel“, sagte er. Verständlich, nach einer Saison, in der Jens Lehmann nah dran war, die Champions League zu gewinnen und Weltmeister zu werden. Aber eben nur nah dran. Trotzdem, so fügte er an, sei die WM für ihn der emotionale Karrierehöhepunkt gewesen.

Ob Lehmann allerdings weiterhin der Nationalmannschaft zur Verfügung steht, ist noch unklar. Die Entscheidung, ob er am 2. September beim ersten Qualifikationsspiel zur Europameisterschaft 2008 im Tor steht, hängt auch von Jürgen Klinsmann ab. „Ich werde meine persönliche Situation überdenken und mit Jürgen besprechen.“ Es ist durchaus denkbar, dass sich Lehmann nach einer kurzen Karriere als Nummer eins im deutschen Tor mit einer Niederlage verabschiedet. Denn Torwarttrainer Andreas Köpke sagte am Nachmittag, die Chance sei groß, dass Oliver Kahn am Samstag im Spiel um Platz drei auflaufen werde. Lehmann äußerte sich positiv-diplomatisch über seinen Konkurrenten. Der habe sich während der WM vorbildlich verhalten, und wenn der Trainer so entscheiden sollte, dann hätte Kahn das sicherlich auch verdient.

Über die Zukunft des Bundestrainers konnte und wollte gestern noch niemand konkrete Angaben machen. Eines wurde jedoch deutlich: Die Mannschaft steht hinter ihrem Teamchef und will ihn unbedingt halten. „Wir werden als Mannschaft nichts fordern, aber Klinsmann hat gewisse Abhängigkeiten geschaffen. Alle Spieler wären enttäuscht, wenn er nicht weitermachen würde. Und er weiß das auch.“ Auch Miroslav Klose fand nur positive Worte für die Arbeit des Trainers. „Klinsmann ist ein wichtiger Baustein und seine Philosophie sollte unbedingt Bestand haben“, forderte er vom Podium hinab in die DFB-Schaltzentrale.

Die Spieler wollen sich also noch nicht von Klinsmann verabschieden, wenn sie am Sonntag auf der Berliner Fanmeile den Fans ihr persönliches Dankeschön aussprechen. „Das wird noch mal ein emotionaler Höhepunkt. Die Fans haben uns von der ersten Minute an großartig unterstützt“, sagte Lehmann. Es war der unbedingte Wille der Mannschaft, noch einmal nach Berlin zu kommen und sich von den Fans zu verabschieden. Klose freut sich ebenfalls auf ein „faszinierendes Erlebnis“. Doch seinen sportlichen Ehrgeiz konnte der Stürmer von Werder Bremen nicht unterdrücken. Er forderte vor der Abschiedsfeier volle Konzentration auf das nächste Ziel: den dritten Platz. Neben seinen Torjägerqualitäten ist es wohl auch die professionelle Einstellung, die Klose bei den europäischen Top-Clubs so begehrt macht und ihn seinem Ziel, einmal im Ausland zu spielen, näher bringt. Über einen Wechsel habe er sich aber noch keine Gedanken gemacht. Zuerst will sich Klose noch einen anderen Wunsch erfüllen: „Es ist ein großer Titel, Torschützenkönig einer WM zu werden, und ich würde mir wünschen, dass wenigstens ein Titel in Deutschland bleibt.“