Kann keine Trauer sein

Zum 50. Todestag von Gottfried Benn

In jenem kleinen Bett, fast Kinderbett, starb die Droste/ (zu sehn in ihrem Museum in Meersburg),/ auf diesem Sofa Hölderlin im Turm bei einem Schreiner,/ Rilke, George wohl in Schweizer Hospitalbetten,/ in Weimar lagen die großen schwarzen Augen/ Nietzsches auf einem weißen Kissen/ bis zum letzten Blick –/ alles Gerümpel jetzt oder gar nicht mehr vorhanden,/ unbestimmbar, wesenlos,/ im schmerzlos ewigen Zerfall.

Wir tragen in uns Keime aller Götter,/ das Gen des Todes und das Gen der Lust,/ wer trennte sie: die Worte und die Dinge,/ wer mischte sie; die Qualen und die Statt,/ auf der sie enden, Holz mit Tränenbächen –,/ für kurze Stunden ein erbärmlich Heim.

Kann keine Trauer sein. Zu fern, zu weit,/ zu unberührbar Bett und Tränen,/ kein Nein, kein Ja,/ Geburt und Körperschmerz und Glauben,/ ein Wallen, namenlos, ein Huschen,/ ein Überirdisches, im Schlaf sich regend,/ bewegte Bett und Tränen –/ schlafe ein!

Das Gesamtwerk von Gottfried Benn ist bei Klett-Cotta erschienen, darunter:– Sämtliche Gedichte, Klett-Cotta, Stuttgart 1998, 19 €Ľ– Künstlerische Prosa, Klett-Cotta, Stuttgart 2006, 19 €Ľ– Sämtliche Gedichte/Künstlerische Prosa, Klett-Cotta 2006, 29,90 €ĽĽDas Original befindet sich im Deutschen Literaturarchiv ĽDepositum der Ernst H. Klett Stiftung "Merkur", Schiller ĽNationalmuseum, Marbach am Neckar