BERLINER OPERNSTREIT: DER BUND ZAHLT, UND EINE LÖSUNG IST IN SICHT
: Inhalt und Form gehören zusammen

Nirgends kann der Bund mit wenig Geld so viel ausrichten wie in der Kulturpolitik seiner heruntergewirtschafteten Hauptstadt. Die 50 Millionen Euro, die Staatsminister Neumann nun für die Sanierung der Staatsoper Unter den Linden locker macht, sind bescheiden im Vergleich zu der Milliarde, die der laufende Betrieb der drei hauptstädtischen Musiktheater pro Jahrzehnt kostet. Doch wie schon vor ein paar Jahren, als der Bund mit gerade 1,75 Millionen Euro dem bedrohten Hausorchester schon einmal zur Seite sprang, könnte er auch diesmal der lähmenden Debatte um die Berliner Opernfrage eine neue Richtung weisen.

Denn wenn die Sanierung wirklich kommt und die Staatsoper vorübergehend geschlossen wird, stellt sich die Frage nach einem Übergangsquartier für das Ensemble. Dann wird der Blick unweigerlich auf ein fast vergessenes Gebäude im früheren Westteil der Stadt fallen: auf die Deutschen Oper, mit rund 2.000 Plätzen das mit Abstand größte der drei Berliner Opernhäuser, das seit rund 15 Jahren unter stets glücklosen Intendanten vor halbleeren Rängen spielt. Staatsopern-Dirigent Barenboim und sein Orchester sind in der Hauptstadt hingegen so gefragt, dass sie eben diese Plätze mühelos füllen könnten. Schwer vorstellbar erscheint allerdings, dass das Ensemble nach einem dortigen Zwischengastspiel wieder voll und ganz in die kleine, barocke Staatsoper zurückkehrt – die auch nach der Sanierung weder im Zuschauerraum noch hinter der Bühne genügend Platz etwa für große Wagner-Aufführungen bietet.

Musikalischer Inhalt und architektonische Form werden sich in Berlin nur in Einklang bringen lassen, wenn es zu einer Lösung nach Pariser Vorbild kommt. In der französischen Hauptstadt wurden die großen Aufführungen in die neue, größere und damit auch demokratischere Oper an die Place de la Bastille verlegt, während das alte Palais Garnier den kleineren Formen von Barock bis Ballett vorbehalten bleibt. So etwas funktioniert auch hierzulande offenbar nur nach der Methode, die in Frankreich selbstverständlich ist: durch Eingreifen des Zentralstaats. RALPH BOLLMANN