Kleiner Clip, große Folgen

AKW-AUSFLUG

Die Ausflugsfahrt zum AKW Grohnde, zu der die Katholische Hochschulgemeinde in Göttingen eingeladen hatte, liegt anderthalb Jahre zurück. Am 14. Juni 2012 ließ sich die rund 20 Personen große Gruppe durch eine Ausstellung im Informationszentrum des Kraftwerks führen und lauschte einem Vortrag des ehemaligen Leiters der Öffentlichkeitsarbeit, Claus S.

Mit dabei war auch der Göttinger Piraten-Politiker und freiberufliche Journalist Meinhart R. – zum damaligen Zeitpunkt Spitzenkandidat seiner Partei für die Landtagswahlen. Knapp eine Stunde des dreistündigen Aufenthaltes zeichnete R. mit einer kleinen Filmkamera auf. Dies habe er bei der Ankunft im Info-Pavillon auch so angekündigt, versichert er.

Wenige Tage später tauchte der Film im Internet auf. Insbesondere bei Umweltschützern stieß der Clip auf einiges Interesse. Denn im Film antwortet Unternehmenskommunikator S. auf die Frage, warum der Grohnde-Betreiber Eon gerade Verschönerungsarbeiten an den Kühltürmen im Gegenwert von 2,5 Millionen Euro vornehme: „Weil wir nicht daran glauben, dass wir in zehn Jahren abschalten.“ Sofort darauf schränkt er die Aussage ein: „Ich glaube das nicht.“

S. reagierte auf die Veröffentlichung mit einer Strafanzeige wegen „Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes“. Anders als von R. dargestellt, sei das Filmen ohne vorherige Absprache und ohne seine Kenntnis erfolgt. Das Ermittlungsverfahren wurde jedoch schnell eingestellt, das Video bereits Ende August 2012 bei Youtube gesperrt. Gleichwohl treffen S. und R. nun am 23. Januar in einem Zivilprozess vor dem Landgericht Hannover aufeinander.

In diesem Verfahren macht S. Schadensersatz geltend. Infolge der Veröffentlichung habe er berufliche Nachteile hinnehmen müssen. Auch seine Gesundheit sieht S. durch das Video und eine folgende „Medienkampagne“ massiv beeinträchtigt.

In dem Prozess wird das Gericht nun herausfinden müssen, ob R. seine Filmaufnahmen mit Wissen und Genehmigung von S. anfertigte oder nicht. Konkret strittig ist, ob sich R. bei dem Besuch als Journalist vorstellte. Auch wird zu klären sein, ob R. den Videofilm „im Internet hochgeladen“ hat, wie dies Kläger S. behauptet, oder ihn lediglich „der Webseite Antiatompiraten.de überließ“, wie der Beklagte erklärt.  RP