Ein Taucher soll die CDU anführen

Der junge Jurist Christian Baldauf will die CDU in Rheinland-Pfalz aus dem Tal der Tränen führen. Fraktionschef ist er schon. Heute soll er zum Landesvorsitzenden gewählt werden

MAINZ taz ■ „Highway to Hell“ – der Knaller der Hardrockband AC/DC ist noch immer der Lieblingssong von Christian Baldauf aus Frankenthal bei Ludwigshafen. Baldauf will heute auf dem Landesparteitag der rheinland-pfälzischen CDU in Mülheim-Kärlich zum Landesvorsitzenden gewählt werden. Chef der Landtagsfraktion ist der 38-Jährige schon im April geworden – gut einen Monat nach dem Landtagswahldebakel der Union und der Rücktrittserklärung von Partei- und Fraktionschef Christoph Böhr nur Minuten nach der ersten Hochrechnung.

Viel Durchsetzungskraft wird der Jurist und passionierte Mountainbiker und Taucher sicher brauchen. Denn auf dem „Highway to Hell“ befindet sich die CDU in Rheinland-Pfalz seit 1988. Da hatten christdemokratische Renegaten um den Landtagsabgeordneten Otto „Brutus“ Wilhelm erfolgreich den Sturz des beliebten Ministerpräsidenten und Parteivorsitzenden Bernhard Vogel inszeniert.

Doch das war ein Pyrrhussieg. Das Wahlvolk strafte die Intriganten bei den nächsten Landtagswahlen 1991 brutal ab und stimmte eine SPD-geführte Landesregierung herbei. Drei Legislaturperioden lang regierten SPD und FDP das Land. Unter Ministerpräsident Kurt Beck errangen die Sozialdemokraten zuletzt Ende März sogar die absolute Mehrheit. Die mächtigen Bezirksfürsten der CDU hatten zuvor den eigenen Kandidaten demontiert. Weniger Union war nie im Stammland von Altbundeskanzler Helmut Kohl.

Jetzt sei die „Zeit des absoluten Neuanfangs“ gekommen, hieß es nach der verheerenden Wahlniederlage bei den letzten vernunftbegabten Christdemokraten in Mainz. Ein Siegertyp müsse her. Aber es gab fast nur Verlierer bei der Union. Ratlosigkeit überall. Die Lokalzeitung Rheinpfalz schlug der Union den Vorsitzenden des Bezirksverbandes Rheinhessen-Pfalz, den Landtagsabgeordneten Christian Baldauf, als „geeigneten Kandidaten“ für den vakanten Vorsitz der Landtagsfraktion vor. Die Partei griff zu.

Baldauf gehörte zu den Kritikern von Böhr und gewann seinen Wahlkreis direkt bravourös. Die Junge Union war begeistert. Baldauf, so JU-Landeschef Martin Binder, sei die „Verkörperung des Neuanfangs“. Auch Böhr sprach sich überraschend für Baldauf aus. Rückendeckung kam auch aus der Bundestagsfraktion der Union. Der Bundestagsabgeordnete Norbert Schindler, der dem Vorstand des mächtigen Winzerbandes Rheinland-Pfalz Süd angehört, stützte die Nominierung.

Nach seiner Wahl zum Fraktionschef erklärte Baldauf unwidersprochen seine Bereitschaft, auch für das Amt des Parteivorsitzenden zu kandidieren. Er kündigte an, die CDU im Lande modernisieren und dabei eng mit den Kommunen zusammenarbeiten zu wollen. Eine „Politik aus einem Guss“ will er praktizieren. Die bisherige Programmatik der Partei hält er für richtig. In Rheinland-Pfalz sei man aber bislang „zu weit weg von den Menschen“ gewesen. Deshalb will er das „Ohr am Volke“ haben. Das Prinzip Beck also.

In der Parteizentrale der Union in Mainz glaubt man fest daran, dass der sozialdemokratische Volkstribun Beck in Berlin bald „wie Parmesan zerrieben“ werde. Und dann schlage 2011 die Stunde von Baldauf, der gerne italienisch essen gehe.KLAUS-PETER KLINGELSCHMITT