Traumland Ägypten: Wo Wind und Sonne locken

ENERGIE Entwicklungsarbeit bedeutet in dem Wüstenland, in erneuerbare Energien zu investieren

KAIRO taz | Vor den Fertigungshallen knallt die Sonne erbarmungslos auf den ägyptischen Wüstensand. Die deutsche Delegation sieht etwas verschwitzt aus. Nur Entwicklungsminister Dirk Niebel (FDP) schreitet locker voran, schließlich gilt es hier die Erfolge des deutschen Engagements bei der Förderung erneuerbarer Energien zu zelebrieren.

Der Besuch gilt einer Produktionsstätte, die erst vor Kurzem in Betrieb ist. Die deutsche Siag baut zusammen mit der ägyptischen Firma Swedy Stahlkonstruktionen, die Turbinen und Windräder tragen sollen. Eine Autostunde von Kairo entfernt steht hier eine der modernsten Anlagen ihrer Art.

„Der Energiebedarf hier steigt sprunghaft an und kann in absehbarer Zukunft mit fossilen Ressourcen nur schwer gedeckt werden“, erklärt Niebel den deutschen Entwicklungsschwerpunkt. Deswegen fördert die Entwicklungsbank KfW derzeit mit 475 Millionen Euro Projekte für erneuerbare Energien. Das Werk in Ain Sukhna unterstützt die Deutsche Entwicklungsgesellschaft mit sechs Millionen Euro.

Siag-Vorstandschef Rüdiger Schaaf denkt schon längst über Ägyptens Grenzen hinaus. „Von diesem Standort aus werden wir den mediterranen Markt und Afrika mit unseren Türmen versorgen“, prophezeit er. Bis zu 300 Türme können hier jährlich produziert werden. Derzeit hofft Schaaf erst einmal auf Aufträge für einen gigantischen Windpark von 220 Megawatt in Gabal el Zayt, ebenfalls am Roten Meer.

Ägypten hat sich dem EU-Beschluss angeschlossen, bis zum Jahr 2020 ein Fünftel des Energiebedarfs aus erneuerbaren Energien zu decken. Die Voraussetzungen dafür sind geradezu ideal: Sonne gibt es in dem Wüstenland im Überfluss, und für Windkraft ist kaum ein Standort so günstig wie die Küste des Roten Meeres. Hier weht das ganze Jahr über eine gleichmäßige Brise immer aus der gleichen Richtung. „Bessere Voraussetzungen als mit dem böigen Wind an der Nordsee, der jede Windkraftturbine schnell verschleißt“, sagt KfW-Experte Andreas Holtkotte.

Die Kairoer Vision

20 Prozent bis 2020 sind ein hochgestecktes Ziel. Ägypten müsste bis dahin 7.300 Megawatt aus erneuerbaren Energien generieren. Die gesamte Stromproduktion liegt derzeit bei 24.000 Megawatt. An der Rotmeerküste in Zafarana steht bereits heute der größte Windpark Afrikas. Im Roten Meer und in Mittelägypten wurden 6.000 Quadratkilometer Fläche für Windparks ausgewiesen. Inzwischen lohnt sich das Geschäft. Der nächste Park wird von der Privatindustrie gebaut und unterhalten werden.

Die deutsche Entwicklungshilfe wird deshalb künftig auf Solarenergie umschwenken. „Die ägyptische Regierung will ihr Land zu einem regionalen Zentrum für die Industrie von erneuerbarer Energie ausbauen“, beschreibt Holtkotte die Vision der Regierung in Kairo.

Swedy-Vorstandschef Hassan Abdel Salam fasst zusammen: „Saudi-Arabien hat Öl, wir haben Wind.“ KARIM EL-GAWHARY