Damals, im Internet

2008 US-Geheimdienste fürchteten Bin Ladens Wiederkehr als Avatar

Osama Bin Laden könnte ewig leben. Eine Horrorvorstellung. Zumindest für US-Geheimdienste im Jahr 2008. Damals ist Bin Laden noch verschwunden und der Hype um die virtuelle Onlinewelt Second Life noch nicht ganz abgeklungen. Eine Studie im Auftrag des Direktors der US-Nachrichtendienste warnt damals, dass Bin Laden in virtuellen Welten als Avatar „jahrhundertelang“ weiterpredigen könne.

Befeuert von einem Medienhype wird Second Life 2007 von vielen Menschen für die Zukunft des Internets gehalten. Websites, das würden in Zukunft virtuelle Gebäude sein, und Menschen würden als kleine dreidimensionale Figuren – „Avatare“ genannt – von einem zum anderen spazieren.

Fantastische Albträume

Mit dieser Fantasie und dem Medienhype kam damals auch die Angst. In Second Life, so wurde kolportiert, könnten Terroristen fiese Pläne schmieden, Geld einsammeln, Waffentraining veranstalten – und sogar Gewehre kaufen. Was diese virtuellen Pixelwaffen anstellen sollten, war schon damals nicht klar.

Osama Bin Laden ist seit 2011 tot. Second Life ist eigentlich schon länger tot. Schon zu Zeiten des Hypes war die Onlinewelt nicht so richtig funktional: Das Programm stürzte ab, wenn mehr als 50 Menschen sich in derselben Gegend befanden. Ob sich ein Terrorist jemals in Second Life aufgehalten hat, ist nicht sicher. Der Bericht der Geheimdienste schließt damit, dass es „wenige Belege dafür gibt, dass militante islamistische oder dschihadistische Gruppen die Möglichkeiten virtueller Welten extensiv ausnutzen“.

Jedoch, die Gefahr lauere woanders, nämlich: links. Im Anhang des Papiers wird eine Vielzahl „extremistischer Präsenzen“ identifiziert: Anarchisten, Sozialisten, Gewerkschaften. Allerdings kommt der Bericht wenige Zeilen später schon selbst auf den Gedanken, dass einige Gruppen wohl Späße von gelangweilten Second-Life-Nutzern sein könnten. LALON SANDER