Mut für Menschenrechte

MENSCHENRECHTE Die Bremer Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck fragte beim „Petersburger Dialog“ nach den Ermittlungen zum Mord an Natalja Estemirowa

Der Petersburger Dialog ist ein jährlich stattfindendes deutsch-russisches Gesprächsforum, das unter der Schirmherrschaft des Bundeskanzlers und des russischen Präsidenten steht.

■ Er soll die Zusammenarbeit zwischen den Zivilgesellschaften beider Länder fördern. Teilnehmer sind jeweils etwa 100 Vertreter des öffentlichen Lebens aus allen gesellschaftlichen Bereichen. (kawe)

Die Regierungschefs von Deutschland und Russland haben wieder milliardenschwere Verträge unterzeichnet und große Worte gefunden bei ihrer Regierungskonferenz, die parallel zum diesjährigen „Petersburger Dialog“ in Jekaterinburg stattfand. Wer sich wie die Bremer Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck um die Menschenrechte in Russland müht, kann da kaum mithalten. Beck ist Mitglied der Arbeitsgruppe „Zivilgesellschaft“ des Petersburger Dialogs. Vor genau einem Jahr – der „Petersburger Dialog“ tagte gerade in München – wurde die Menschenrechtlerin und Mitarbeiterin von Memorial Natalja Estemirowa in Grosny (Tschetschenien) von einem Kommando gekidnappt und ermordet.

Beck hat in diesem Jahr eine Resolution initiiert, in der die mangelhaften Versuche kritisiert werden, diesen Mord aufzuklären. Vertreter aller Bundestagsfraktionen haben die Resolution unterschrieben. Als Beck im Abschlussplenum das Papier vorstellte, war der russische Präsident Dmitrij Medwedjew noch nicht anwesend.

Dennoch hat auch die russische Seite reagiert: Mit Bezug auf den Fall Estemirowa sagte Angela Merkel auf der Pressekonferenz: „Man muss denen Mut machen, die aufklären wollen.“ Medwedjew meinte daraufhin, der Täter sei „genau identifiziert“. Es werde international nach dem Mörder gesucht, zudem laufe eine Untersuchung, um den Auftraggeber zu ermitteln. Namen nannte Medwedjew nicht. „Das ist bei uns so nicht angekommen“, meinte Beck – vor dem Plenum des „Petersburger Dialoges“ hat Medwedjew das nicht gesagt. In Russland ist man es gewohnt, dass solche Erklärungen für die Westpresse abgegeben werden. Ob Medwedjew wirklich die Macht hat, einen Mord aufzuklären, falls er von tschetschenischen Spezialkommandos verübt wurde, wird bezweifelt. In russischen Oppositions-Medien wurde der Verdacht geäußert, nun könnte der Name eines längst toten Mannes benutzt werden, um der Öffentlichkeit einen Täter zu präsentieren. Da die Menschenrechts-Aktivistin von einem Kommando entführt wurde, sei aber die Frage, welches System dahinter stecke. In der Resolution heißt es dazu: „Natalja Estemirowa schwieg nicht, wo Angst die meisten stumm macht“.

Allein 2009 starben 14 Dissidenten und Menschenrechtsaktivisten durch Mörderhand. 17 Journalisten wurden in den letzten zehn Jahren in Russland getötet. Dass die kleinen Initiativen für Demokratie und Menschenrecht von offizieller russischer Seite zu dem „Petersburger Dialog“ eingeladen werden, bietet ihnen eine gewisse Anerkennung und einen gewissen Schutz, sagt die Abgeordnete Beck. kawe