Tauziehen um Zukunft des Klinikums Mitte

Ortsamtsleiter Robert Bücking ist wie der Betriebsrat des Klinikums Mitte für eine schnelle Investitions-Entscheidung, die Grüne Fraktion in der Bürgerschaft ist dagegen. Der Senat will vorher einen Verzichts-Kontrakt mit Verdi

In der Bürgerschaft soll diese Woche über die Bremer kommunalen Kliniken debattiert werden – nicht nur über den Rausschmiss des Klinikchefs Andreas Lindner und den Rücktritt des Gesundheitsstaatsrates, sondern auch über die Perspektiven. Anlass ist ein Antrag der Grünen, den vor Monaten gefällten Beschluss über das Neubauprojekt für das Klinikum Mitte noch einmal auf den Prüfstand zu stellen und erst in drei Monaten zu entscheiden.

Die Kalkulation, dass durch den Neubau 43 Millionen Euro pro Jahr eingespart werden könnten, sei „fraglich“, sagen die Grünen, und die Annahme, man könne auf 30 Jahre die Investition von 186 Millionen Euro mit einem Zinssatz von 5 Prozent planen, sei nicht seriös. Bei dem Rausschmiss des Klinik-Chefs und dem Rücktritt des Staatsrates Arnold Knigge sei zudem deutlich geworden, dass es ein „Kontrolldefizit“ gebe. Auch vor diesem Hintergrund könne man den millionenschweren „Masterplan“ jetzt nicht blind durchwinken.

Robert Bücking, als Ortsamtsleiter „zuständig“ für den Bereich des Klinikums Mitte, formuliert die Bedenken noch schärfer – und kommt zum entgegengesetzten Ergebnis. Die Risiken seien klar, sagt er, deshalb müsse man jetzt die Ausschreibung für die Masterplan-Investition vornehmen, weil sich sonst Widerstände und Blockaden verfestigen könnten. Dass auf dem Höhepunkt des Entscheidungsprozesses über die Zukunft der Bremer Kliniken das gesamte Führungspersonal weggebrochen ist, zeigt für Bücking, wie wenig steuerbar der Prozess offenbar war: „Chaotischer konnte das gar nicht laufen.“ Die Belegschaft des Klinikums Mitte habe sich in sehr verantwortlicher Weise darauf eingelassen, dass ein Drittel der Stellen abgebaut und ein privater Investor gesucht werden muss, um das Klinikum zu erhalten und zu modernisieren. Dieser Weg sollte nun beschritten werden.

Für Bückings Ortsamtsbereich Mitte ist das Klinikum mit seinen 3.400 Beschäftigten und 22 Hektar der wichtigste Krankenhaus-„Betrieb“. Wenn etwa ein Drittel des Geländes von der Klinik freigegeben und neu bebaut werden können, dann wäre das der wichtigste Veränderungsprozess für den Stadtteil auf Jahre. Nicht 28 Millionen Euro wie von dem Klinik-Investitionsplan unterstellt, sondern höchstens zehn Millionen werde der Verkauf der Grundstücke bringen, wenn man „vernünftige Preise“ und eine städtebaulich verträgliche Entwicklung will, sagt Bücking. Sollte er recht behalten, würde fast ein Zehntel der vom Klinikum eingeplanten Investitionssumme fehlen.

Auch Wolfgang Tissen, der frühere Chef des Konzerns Gesundheit Nord, zu dem die vier Kliniken zusammengefasst sind, distanziert sich ausdrücklich von dem derzeit vorliegenden „Masterplan“-Zahlenwerk. Er sieht die Risiken in den geplanten Synergieeffekten – die wären zu seiner Zeit deutlich vorsichtiger kalkuliert worden, sagt er.

Für den Senat wiederum ist entscheidend, ob sich ver.di und die Betriebsräte auf einen „Kontrakt“ einlassen, in dem der drastische Stellenabbau und ein möglicher Lohnverzicht um bis zu 6 Prozent akzeptiert werden. Bisher hat der Senat die Position vertreten, dass es ohne dieses Zugeständnis keine Masterplan-Investitionen geben kann.

Klaus Wolschner