ZYPERN: GESPRÄCHE ÜBER VEREINIGUNG WERDEN WIEDER AUFGENOMMEN
: Trippelschritte aus der Sackgasse

Von einem „historischen Augenblick“ sprach der UN-Vermittler in Nikosia. Der Mann hätte besser daran getan, kleinere Brötchen zu backen. Denn mit der Wiederaufnahme von Friedensverhandlungen um die geteilte Insel ist zwar ein erster Schritt getan. Ob der aber auch zu einer Lösung des nunmehr 50 Jahre alten Konflikts führen wird, ist mehr als fraglich. Viel zu häufig sind schon Durchbrüche, Lösungen und endgültige Vereinbarungen vermeldet worden, die sich später als Wunschdenken herausgestellt haben. Diese Erfahrung musste zuletzt UN-Generalsekretär Kofi Annan machen.

Eines allerdings spricht für eine Lösung: die Dringlichkeit. Denn der Konflikt beherrscht nicht länger nur die öffentliche Meinung in der Türkei, Griechenland und auf der Insel selbst und droht die Region mit altbackenem Nationalismus zu vergiften. Zypern könnte auch die Verhandlungen um eine EU-Mitgliedschaft der Türkei in die Sackgasse führen. Die Türkei verweigert die Anerkennung der griechischen Republik, solange der türkische Norden der Insel keine Wirtschaftsbeziehungen mit Brüssel aufnehmen darf. Letzteres aber lehnen die Griechen, alleinige Inhaber diplomatischer Würden auf Zypern, strikt ab. Und die EU beharrt darauf, dass ein potenzielles Neumitglied wie die Türkei auch das EU-Mitglied Griechisch-Zypern anzuerkennen habe. Damit aber ist der Zypern-Konflikt nicht länger eine über Jahrzehnte lieb gewonnene Privatangelegenheit einiger hunderttausend Insulaner, sondern Weltpolitik. Es geht um nicht weniger als die zukünftige Rolle der stärksten politischen und militärischen Macht am östlichen Mittelmeer, der Türkei.

Selbst wenn die UN-Gespräche in Nikosia zu keiner endgültigen Lösung auf der Insel führen sollten: Brüssel, Washington, Athen und Ankara wäre schon gedient, wenn die Entspannung so weit ginge, dass sich die Türkei-Blockade aufbrechen ließe. Pech allerdings hätten diejenigen europäischen Staaten, die ihre generelle Islamphobie hinter wohlklingenden Worten für die „armen“ griechischen Zyprioten zu verbergen wissen. Sie besäßen ein Argument weniger, um Ankara die EU-Mitgliedschaft zu verweigern. Auch das wäre ja schon ein großer Fortschritt. KLAUS HILLENBRAND