DIE BEWEGUNG

Seveso war einer der Grundsteine der industriekritischen Umweltbewegung. Nicht weil die Explosion so verheerend war – sondern weil es sich bei Dioxin um eine der giftigsten Stoffklassen überhaupt handelte. Und weil der Unfall mit einer gnadenlosen Ignoranz gemanagt wurde. Die Betroffenen und die behandelnden Ärzte wurden darüber im Unklaren gelassen, ja getäuscht. Der Besitzer, ein Weltkonzern, wiegelte ab. Und dann verschwanden auch noch die Fässer mit dem Dioxin bei der Entsorgung. All das brachte die Menschen dazu, sich mit der Chemieindustrie näher zu befassen. Bücher wie „Seveso ist überall“ machten der Allgemeinheit klar, dass hochgiftige Substanzen auch aus Schornsteinen in ihrer Nähe rauchten. Die Branche führte noch jahrelange Abwehrkämpfe, doch vergebens: Endlich wurden die Gesetzgeber aktiv und reduzierten die Emissionen der Fabriken maßgeblich. Heute liegen in Europa die Probleme der Chemie- und Pharmaindustrie nicht mehr bei der Produktion, sondern bei der Verwendung und der Entsorgung ihrer Produkte. REM