Joschkas Blase platzt

NRW-Grüne wollen nicht länger auf Übervater Fischer hören: Für manche ist eine Koalition mit der Linkspartei durchaus denkbar. „Fischers Analyse nicht erhellend“, sagt NRW-Chef Arndt Klocke

VON ANDREAS WYPUTTA

Verärgert reagieren führende Grüne aus Nordrhein-Westfalen auf Spekulationen Joschka Fischers über mögliche Koalitionen im Bund. „Fischer hat in der Partei keine tragende Rolle mehr“, so die Landesvorsitzende der Grünen, Daniela Schneckenburger, zur taz. „Es wäre gut, wenn Fischer Koalitionsdebatten nicht presseöffentlich führen würde.“ Wünschenswert wäre laut Schneckenburger eher eine „beratende Tätigkeit“ des Ex-Außenministers „im Hintergrund“.

Fischer hatte in einem Interview mit dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel eine Koalition zwischen SPD, Linkspartei und Grünen im Bund faktisch ausgeschlossen: „Lafontaine verhindert eine koalitionsfähige Linke, was ich sehr bedaure.“ Im Fünf-Parteien-System des Bundestages blieben für die Grünen „nur zwei Konstellationen: die schwarze oder die rote Ampel“.

Diese These ist unter nordrhein-westfälischen Grünen durchaus umstritten. „Natürlich ist die Linkspartei ein potenzieller Koalitionspartner“, sagt nicht nur die dem linken Parteiflügel angehörende Landeschefin Schneckenburger. „Eine Koalition mit der CDU ist unseren Wählerinnen und Wählern nicht vermittelbar“, glaubt auch der wirtschaftspolitische Sprecher der grünen Landtagsfraktion, Rüdiger Sagel. Ein schwarz-grünes Bündnis, egal ob auf Landes- oder auf Bundesebene, komme einer „Zerreißprobe“ für die Grünen gleich. „Unsere Klientel verortet sich politisch zwischen Grünen, SPD und Linkspartei.“

Doch gerade von der Linkspartei will sich der grüne Landeschef Arndt Klocke, der dem Realo-Flügel zugerechnet wird, abgrenzen. „Bundespolitisch sind die Differenzen zur Linkspartei ebenso groß wie zur FDP.“ Schwierig sei gerade die Haltung der Linken zu Auslandseinsätzen der Bundeswehr. Deren Bundestags-Fraktionschef Oskar Lafontaine wirft den Grünen vor, sie befürworteten „völkerrechtswidrige Kriege“ – dabei habe Lafontaine als Minister im ersten Kabinett Schröder den Jugoslawien-Einsatz der Bundeswehr doch mitgetragen, hält Nordrhein-Westfalens Grünen-Chef Klocke dagegen. „Schwierig“ sei aber auch die Haltung der FDP in Umweltfragen. „Eine Zusammenarbeit mit einer Partei, die etwa Windenergie bekämpft, Agro-Gentechnik aber unterstützt, kann ich mir kaum vorstellen.“ Fischers Analyse sei deshalb „nicht erhellend“.

Vertreter der nordrhein-westfälischen FDP reagierten dagegen aufgeschlossen. „Man muss im Gespräch bleiben“, so Landesgeneralsekretär Christian Lindner zur taz. Am vergangenen Wochenende hatte ein Routine-Gespräch zwischen den Fraktionschefs von FDP und Grünen im Bundestag, Guido Westerwelle und Fritz Kuhn, für Aufregung gesorgt. Die CDU reagierte dagegen zurückhaltend. „Auf theoretische Fragen braucht man keine praktischen Antworten“, so Landtagsfraktionschef Helmut Stahl – allerdings müssten „alle demokratischen Parteien untereinander koalitionsfähig bleiben“.