Nach dem Fußball nun Olympia

Große Begeisterung über die WM und sich selbst in Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Die Hansestadt will jetzt Olympia, Kiels Innenminister Stegner fordert Weltoffenheit bei Integration

Von Sven-Michael Veit

Die Party geht weiter. „Wir wollen die Olympischen Sommerspiele ausrichten“, verkündet Hamburgs Bürgermeister Ole von Beust (CDU) einen Tag nach dem Ende der Fußball-WM. „Diese Begeisterung, dieser Spirit“ der vergangenen vier Wochen „in ganz Deutschland, in Norddeutschland und in Hamburg muss weiterleben“, findet von Beust. Bis 2016, 2020 oder notfalls auch 2024 – wann immer die Hansestadt olympische Weihen erhalten könne, sie „steht bereit“, behauptet er schon jetzt zu wissen.

Die gesamte WM sei „eine runde Sache“ gewesen, eine „mehr als lohnende Veranstaltung, die der Stadt enormes internationales Ansehen beschert“ habe, einfach „ein Riesenerfolg“ eben, schwärmt der Bürgermeister. Und sprudelt über vor Zahlen, die all das belegen sollen.

Etwa 600.000 zusätzliche Touristen, rund 1,5 Millionen Menschen beim Fan-Fest auf den Heiligengeistfeld in St. Pauli, durchschnittlich 2.500 Polizeibeamte im Einsatz, die „ein höchstmögliches Maß an Sicherheit gewährleisteten, ohne die Stadt zur Festung zu machen“, und auch die Kosten von 48 Millionen Euro für Hamburg, rund drei Millionen mehr als geplant, seien gut angelegt für eine Stadt, „die sich selbst und ihre Gäste verzaubert hat“.

Da kommt Hannovers Oberbürgermeister Herbert Schmalstieg (SPD) kaum gegen an, obwohl auch er die niedersächsische Hauptstadt gestern zum „weltmeisterlichen Gastgeber“ ernannte. Eine Million Gäste seien zur WM an die Leine gekommen, mehr als die Hälfte davon wurden auf dem zentralen Fanfest gesichtet. Hannover war neben Hamburg der zweite WM-Spielort in Norddeutschland.

Hannover habe sich als tolerante „Event-Stadt“ präsentiert und viel „Herz“ gezeigt, meinte der Stadtregent. Und Innenminister Uwe Schünemann (CDU) freute sich darüber, dass das „Straftatenaufkommen“ nicht höher gewesen sei „als bei einem größeren Schützenfest“.

Auch Schleswig-Holsteins Innenminister Ralf Stegner (SPD) zog gestern eine rundum zufriedene Bilanz des bislang größten Sportereignisses auf deutschem Boden, obwohl sein Bundesland nur indirekt beteiligt war. Rund 355.000 Menschen seien bei den knapp 40 größeren Public-Viewing-Treffpunkten im Lande gezählt worden. Hier wie auch in Hamburg und Niedersachsen lag die Zahl der Straftaten, Prügeleien und sonstigen Vorkommnisse im Promille-Bereich – ganz Norddeutschland war eine einzige friedliche und stimmungsvolle Party.

Stegner hielt sich jedoch nicht beim Bejubeln von Friede und Freude auf. Die Deutschen sollten ihre bei der WM gezeigte Weltoffenheit in die Ausländerpolitik „hinüberretten“, fordert er. Mit Blick auf den so genannten Integrationsgipfel bei Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in dieser Woche in Berlin habe er die Hoffnung, „dass wir – wenn wir über Integrationsfragen reden – den Schwung aus dieser gelungenen Erfahrung ‚Die Welt zu Gast bei Freunden‘ mitnehmen“, sagte Stegner. Die Gesellschaft sollte nun erst recht „versuchen, mit den Menschen, die aus anderen Ländern zu uns gekommen sind, so umzugehen, dass wir Integration schaffen“.

Hamburgs Bürgermeister hingegen konzentriert sich zunächst auf eine Neuauflage von Brot und Spielen. Die Stadt habe bewiesen, dass sie „gastfreundlich und sportbegeistert ist“. Wenn im Herbst der Deutsche Olympische Sportbund positiv darüber entscheide, für welche Olympischen Spiele Deutschland antreten werde, dann „wird Hamburg sich um Sommerspiele bewerben“, stellte von Beust klar. Für Olympia 2012 hatte die Elbmetropole in der nationalen Ausscheidung Leipzig den Vortritt lassen müssen, das dann in der internationalen Auswahl sang und klanglos unterging.

Diesmal fürchtet von Beust keinen deutschen Konkurrenten, auch nicht die Hauptstadt, die ebenfalls Ambitionen auf Olympische Spiele signalisiert hat. „Berlin hatte die WM“, sagt von Beust, „jetzt sind wir dran.“