RICHARD ROTHER ZUM EU-KÄLTEMITTEL-VERFAHREN
: Gefahrgut im Pkw

Was ist wichtiger: der Klimaschutz oder die Verkehrssicherheit? Diese Frage muss die EU-Kommission zügig beantworten. Dabei kann die Antwort nach menschlichem Ermessen nur sein, dass die Verkehrssicherheit bedeutsamer ist – geht es doch dabei akut um Leib und Leben der Menschen, während Klimaschutz eine langwierige Sache ist. Das Dumme ist nur: Läuft alles nach Recht und Gesetz, müsste die Brüsseler Behörde dem Klimaschutz Vorrang geben – oder einen Rückzieher machen. Letzteres macht zwar niemand gern, aber die Brüsseler sollten sich dazu durchringen.

In der Sache geht es um das neue, umstrittene Kältemittel für Pkw-Klimaanlagen mit dem hübschen Namen R123yf. Dieses Mittel ist zwar deutlich klimafreundlicher als sein Vorgänger, das alte, hochklimaschädliche R134a – aber das neue hat einen entscheidenden Nachteil, wie aktuelle Tests erneut nahelegen: Kommt es zum Brand eines Fahrzeugs, entstehen hochgiftige Dämpfe, die Autofahrer, Passanten, Feuerwehrleute oder Polizisten schwer verletzen können. Auf deutschen Straßen sind bereits rund 100.000 dieser fahrenden Zeitbomben unterwegs; bleibt die EU-Kommission stur, könnten es bald deutlich mehr sein.

Schuld an der Misere hat aber nicht nur die Brüsseler Kommission, sondern auch die Autoindustrie. Sie hat es aus Kostengründen verpasst, rechtzeitig auf die sichere und klimafreundliche Alternative, das Kühlmittel Kohlendioxid, umzusteigen. Dabei zeigt sich mal wieder: Je länger man wartet, umso schwieriger wird ein Umsteuern. Denn weltweit sind die problematischen R-Mittel im Einsatz; eine Klimaanlageninfrastruktur auf Kohlendioxidbasis müsste erst aufgebaut und eine Zeit lang parallel betrieben werden. Das kostet. Nur: Je länger es dauert, umso teurer wird es.

Wirtschaft + Umwelt SEITE 9