LESERINNENBRIEFE
:

Warum für Sex Geld verlangen?

■ betr.: „Der Körper ist keine Ware“, taz vom 20. 1. 14

Die von der Organisation Femen gewählte Form des Protestes ist hinsichtlich dessen, was damit sichtbar gemacht werden soll, durchaus adäquat. Wieso symbolisiert Putins Brust Stärke und Männlichkeit, hingegen die kleinen Brüste von Witt Verderbtheit und pure Lust? Das liegt daran, dass nicht nur diktatorische – die insbesondere –, sondern auch demokratische Gesellschaftsformen nach wie vor traditioneller Prägung unterliegen; genau darauf verweisen die Demonstrationen von Femen.

Der Zwang zur Berufstätigkeit oder auch die Möglichkeit der Ausbildung haben nicht gleichbedeutend eine emanzipierte Gesellschaft zur Folge. Schon gar nicht im Hinblick auf die Europäisierung. Die Menschen aus den östlichen Ländern sind gezwungen, sich zu prostituieren beziehungsweise sich ausbeuten zu lassen. Eine polnische, russische, rumänische oder bulgarische Prostituierte ist, was ihre Stellung angeht, der deutschen weit unterlegen – sie ist Billigware. Die deutsche Prostituierte dagegen erlebte in diesem Zuge eine fragwürdige Aufwertung und entscheidet nun selbstbestimmt über ihre Berufstätigkeit. Jedoch wird man nicht emanzipiert, sondern macht sich unabhängig und befreit sich von Zwängen, was zunächst im Denken stattfindet und nicht im Bett, bevor eine Umsetzung folgen kann. Warum für Sex Geld verlangen? Sollten Frauen und Männer das Verlangen hegen, freien und einvernehmlichen intensiven Körperkontakt auszutauschen, ist dagegen nichts einzuwenden; diesen jedoch als Ware zu kommerzialisieren ist entwürdigend. Allen voran die Kirche und ihre althergebrachte Religionspädagogik stützen genau dieses System. In diesem Sinne wünsche ich Josephine Witt und ihren Mitstreiterinnen von Femen viel Erfolg mit ihren Protesten. Und der interviewenden Journalistin empfehle ich, ihre eigene Position zu überdenken und daraus zu folgern, was Journalismus bedeutet: objektive Darstellung, um eine manipulationsfreie, nicht durch tendenziöse Fragen negativ beeinflusste Diskussion führen zu können. MICHAELA METZ-SCHILD, Edingen-Neckarhausen

Neues Gelb ist Grün

■ betr.: „Bouffier im Amt bestätigt“, taz vom 20. 1. 14

17 grüne Schafe wählen den Kreide fressenden Wolf „Max Mustermann“ zum neuen Ministerpräsidenten, der mit einer Stimme des Wählers für Bündnis 90/Die Grünen vor der Hessenwahl noch verhindert werden sollte. Jetzt hat man zwei grüne Minister und hat acht konservativen Ministern ihren Job gerettet. Gratulation, das neue Gelb ist Grün. MARKUS MEISTER, Kassel

Ein wirklich „verlässlicher“ Partner

■ betr.: „Nahles verschiebt auf die Zukunft“, taz vom 17. 1. 14

Eine Koalitionsvereinbarung ist „wenn man den Partner so schnell über den Tisch zieht, dass er die Reibungshitze als Nestwärme empfindet“. Und nun wird abgerechnet.

Wo sind die Zugeständnisse von CDU/CSU an die SPD geblieben, jetzt da sie Frau Nahles einzulösen versucht? Teil 1: Hartz-IV-Zeiten werden nun aus der Anrechnung auf die 45 Jahre für die langjährig Versicherten herausgenommen. Teil 2: Die Mütterrente wird von der Rentenkasse getragen. Das ist systemwidrig, denn dafür sind keine Beiträge gezahlt worden. Sie ist vielmehr eine gesellschaftliche Leistung, die aus Steuermitteln bezahlt werden muss. Damit fehlt dann der Rentenkasse das Geld, um das Rentenniveau zu erhalten oder etwas Wirksames gegen Altersarmut zu tun. Die Forderungen dazu werden seit etlichen Jahren von den Sozialverbänden einmütig erhoben. Wem kommt denn nun die erhöhte Mütterrente auf keinen Fall zugute? Genau! Den Frauen, deren Renten unterhalb der Grundsicherung liegen. Denn ihnen wird jede Erhöhung sogleich auf die Grundsicherung angerechnet. An solcher „Reform“ bleibt kaum noch etwas Sozialdemokratisches.

Die CDU/CSU hat es mit dem „Finanzierungsvorbehalt“ verstanden, im Koalitionsvertrag gemachte Zugeständnisse vom Tisch zu wischen. Wenn die Querschüsse gegen den flächendeckenden Mindestlohn diesen durch möglichst viele Ausnahmen zum Schweizer Käse machen, sollte die SPD darüber nachdenken, ob „Groko“ wirklich der „Wählerwunsch“ war. JÖRG NEUMANN, Berlin

Großartige Arbeit

■ betr.: „Rinder in Rente“, taz vom 15. 1. 14

Ich finde es großartig, welche Arbeit dort geleistet wird, und hoffe sehr, dass sie nicht irgendwann einmal an finanziellen Problemen scheitert. Jeder, der ein geliebtes Haustier hat, weiß um den ihm eigenen Charakter und seine Besonderheiten. Warum sollte es bei einem „Nutztier“ anders sein? Es ist traurig, dass Tiere, im Grunde in der „Blüte ihrer Jahre“, durch menschliche Ausbeutung so früh aufgebraucht sind, dass sie selbst bei der guten Pflege auf dem Butenlandhof nicht alt werden. CHRISTA PAPPERT, Münster

Viel zu viel Konsumterror

■ betr.: „Eurokolumne. Bitte nicht mehr Hurra“, taz vom 17. 1. 14

Rudolf Hickel fordert in der Kolumne, genau wie Ulrike Herrmann vor einigen Wochen, dass Deutschland seine Binnennachfrage ausbauen müsse. Dieser Wachstumsideologie kann ich nicht zustimmen. Wir haben doch schon lange viel zu viel Konsumterror, Flächen- und Rohstoffverbrauch. Aber scheinbar fällt den Experten dazu nichts mehr ein. JÜRGEN LOHUIS, Dortmund