Rache für Beslan

AUS MOSKAUKLAUS-HELGE DONATH

Russlands meistgefürchteter Terrorist Schamil Bassajew ist tot. Nach Angaben des russischen Inlandsgeheimdienstes FSB kam Bassajew gestern bei der Vorbereituing eines Terroraktes in Inguschetien, der Nachbarrepublik Tschetscheniens, ums Leben. Das berichtete der Direktor des FSB, Nikolai Patruschew, gestern Nachmittag dem russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Russlands meistgesuchter Terrorist sei bei der Durchführung eines Sondereinsatzes von den Spezialeinheiten des Sicherheitsdienstes in Inguschetien ausgeschaltet worden. Angeblich soll der tschetschenische Rebellenführer in einem Pkw einen mit Sprengstoff beladenen Lkw begleitet haben. Der Lastwagen wurde in die Luft gesprengt. Bassajew und mehrere Begleiter seien dabei getötet worden. Bisher wurden jedoch noch keine sterblichen Überreste des Getöteten in der Öffentlichkeit gezeigt, worauf das staatliche Fernsehen in ähnlichen Fällen bei getöteten tschetschenischen Rebellen sonst nicht verzichtet. Laut FSB sei der Rebellenführer an seinem abgetrennten Haupt identifiziert worden.

Die Angaben des Geheimdienstes über den Vorgang der Explosion sind allerdings widersprüchlich. Nach Informationen des inguschetischen Innenministeriums explodierte in der Nacht zu Montag ein Lkw mit Sprengstoff in der Ortschaft Ekaschewo. Demnach handelte es sich nicht um einen Sondereinsatz der Spezialeinheiten, sondern die Explosion war Folge eines Unfalls. Es gehört zur Praxis des russischen Geheimdienstes, den zufälligen Tod von Opponenten grundsätzlich als Ergebnis einer gezielten Operation darzustellen.

Schamiil Bassajew war zum Hauptfeind des Kremls geworden, weil man ihn für den Verantwortlichen für die Geiselnahme im September vor zwei Jahren in einer Schule im nordossetischen Beslan hielt. Bei der russischen Befreiungsaktion kamen 330 Menschen, darunter viele Kinder, ums Leben. Seither hatte der 41-jährige Bassajew keine spektakulären Aktionen mehr geleitet.

Nach Berichten des FSB wollte der Terrorist, auf dessen Kopf der Kreml eine Belohnung von 10 Millionen Dollar ausgesetzt hatte, im Vorfeld des am Wochenende in Sankt Petersburg stattfindenden G-8-Gipfels einen neuen Anschlag verüben.

Viele Gerüchte ranken sich um die Figur Bassajews, der nach dem ersten Tschetschenienkrieg 1994 bis 1996 zum islamistischen Fundamentalisten und Anhänger des Wahhabismus mutierte. Nach dem zweiten Tschetschenienkrieg versetzte Bassajew Russland besonders durch den Einsatz von Selbstmordattentäterinnen in Angst und Schrecken. Im August vor zwei Jahren sprengten sich zwei Frauen in zwei Flugzeugen zeitgleich in die Luft.

1999 marschierte Schamil Bassajew mit einer Gruppe militanter Wahhabiten in der Nachbarrepublik Dagestan ein, wo er einen Gottesstaat ausrufen wollte. Bislang ist noch nicht geklärt, warum die Bande ungehindert auf dagestanisches Gebiet vordringen konnte. Die Aktion wurde in Moskau auch als ein Grund dafür dargestellt, warum der Kreml den zweiten Tschetschenienkrieg begann.

Obwohl Geheimdienst und Armee den Terroristen seit Jahren suchten, ist es ihnen nie gelungen, Bassajew dingfest zu machen. Sogar während der Kämpfe um Grosny im Jahr 2000 gelang es ihm zu entkommen. Bei der Flucht verlor er ein Bein. Hartnäckig hielt sich so in der russischen Öffentlichkeit die Vermutung, der Geheimdienst hätte gar kein Interesse daran, Bassajew zu fassen.

Bassajews Tod ist ein Erfolg für Präsident Wladimir Putin, der sich auf dem G-8-Gipfel in Petersburg nun erneut als ein erfolgreicher Vorkämpfer gegen den internationalen Terrorismus präsentieren kann. In einer ersten Reaktion sagte der Präsident: „Das ist die gerechte Rache für die Kinder in Beslan.“