Esther Slevogt betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

Wer glaubt, im investorenbedrohten Theater am Kurfürstendamm feiere das alte Westberlin sich selbst, der ist bloß Klischees aufgesessen, in deren Rastern allein die westdeutschen Scheinostler in Prenzlauer Berg als authentische Erben des Ostens gelten. Dabei ist der alte Westen längst der neue Osten, nicht nur was Verfall und Arbeitslosenquoten betrifft. Aber zurück zum Theater am Kurfürstendamm, wo in dieser Woche die hintergründige Komödie aus dem Jahr 1968 „Fisch zu viert“ wieder auf dem Spielplan steht. Geschrieben hat sie die Defa-Legende Wolfgang Kohlhaase gemeinsam mit der Malerin und Kostümbildnerin Rita Zimmer. Die Uraufführung der tragikomischen Geschichte über drei ältliche Schwestern aus dem 19. Jahrhundert, die von ihrem Diener erpresst werden, der mit ihnen allen einst eine Affäre hatte, fand vor vierzig Jahren in Dresden statt. Nun ist das Drama in hochkarätiger Boulevardbesetzung (unter anderem mit Judy Winter) wieder am Kurfürstendamm zu sehen. Inszeniert hat Carl Herrmann Risse, der seine Karriere als Regisseur ebenfalls in der DDR begann und dessen Sohn Joris Mitglied von Frank Castorfs Volksbühnenensemble ist. Ansonsten ist Sommer, und man ist da lieber draußen statt in dunklen Zuschauerräumen. Aber auch draußen gibt’s ja Theater. Die Berliner Shakespeare Company spielt ihre sommerlichen Variationen in diesem Jahr open air im Heimathafen Neukölln. Mittwoch und Donnerstag zum Beispiel die schlimme Geschichte von „Othello“, die man dann barnah auch vom Liegestuhl aus verfolgen kann. Nur ein paar Hausnummern vom Heimathafen entfernt ist die Neuköllner Oper, die wieder Volker Schmidts und Hans Platzgumers moderne Peer-Gynt-Version „Peer lügt“ auf dem Spielplan hat: die wundersame Geschichte eines wurzellosen Angebers, Träumers und Genies.

■ „Fisch zu viert“: Theater am Kurfürstendamm, bis 15. August

■ „Othello“: Heimathafen Neukölln, Mi. + Do ■ „Peer lügt“: Neuköllner Oper, noch bis 23. Juli