Ex-Minister wird Autor

Axel Horstmann war eines der Gesichter der langen SPD-Herrschaft in NRW. Jetzt schreibt er Selbstkritisches auf

Axel Horstmann ist ein Veteran der langen SPD-Regierungsära in NRW. Der 1954 in Ostwestfalen geborene Sozialdemokrat war Arbeitsminister unter Rau, Verkehrsminister unter Steinbrück. Der Mann mit den rötlichen Schläfen und dem regionalen Zungenschlag war an der Regierung. Bis zum 22. Mai 2005. Seitdem ist er Oppositioneller. Einer, der die neue schwarz-gelbe Koalition kritisiert. Jetzt hat Horstmann Selbstkritisches über den eigenen Laden aufgeschrieben.

In einem „Diskussionsbeitrag“, der bislang zwischen Fußball-WM und Sommerloch unterging wie ein Kieselsteinwurf in den Rhein, hat Horstmann seine Gedanken auf seiner Webseite veröffentlicht. Das Papier enthält eine längere Beschreibung der ökonomischen Probleme des Landes in den 80er und 90er Jahren. Stichworte fallen: Arbeitslosigkeit, Strukturwandel, Haushaltsmisere. Richtig konkret wird die Kritik allerdings erst in den Abschnitten über die kurze Ära von Ministerpräsident Wolfgang Clement (1998 bis 2002). In dieser Phase, in der Horstmann nicht im Kabinett saß, sei versucht worden, einer sich „mäßig verändernden Regierungspraxis durch spektakuläre Einzelprojekte einen neuen Anstrich zu geben“. Einzelprojekte? Hatte Horstmann als Verkehrsminister unter Clement-Nachfolger Peer Steinbrück „Einzelprojekte“ wie etwa den Megaflop Metrorapid nicht zunächst weiter verfolgt? „Wir haben damals am Vorabend der Regierungserklärung von Steinbrück ernsthaft überlegt, das Projekt fallen zu lassen“, so Horstmann zur taz. Man habe aber den Eindruck einer „epochalen“ Wende von Clement zu Steinbrück vermeiden wollen. Erst 2003 stoppte Rot-Grün die teure Magnetschwebebahn.

Mehr als ein Jahr nach dem Verlust der Regierungsverantwortung kommt Horstmann immerhin das Verdienst zu, eine längere Analyse über die Ursachen des Niedergangs der SPD an Rhein und Ruhr formuliert zu haben. Ansonsten dümpelt die parteiinterne Debatte dahin. Weite Teile der SPD scheinen sich lieber auf Attacken gegen die Rüttgerskoalition zu konzentrieren. Dabei dürfte die NRW-SPD ohne tief schürfende Analyse ihrer widrigen Regierungspolitik und ihres technokratisch-abgehobenen Politikstils besonders in den Jahren 1998 bis 2005 kaum neue Stärke gewinnen. Papierschreiber Horstmann hofft „nach der Sommerpause“ auf Resonanz aus der Partei. Der Landtagsabgeordnete hat eine Ahnung von der Halbwertzeit und Bedeutung der SPD-Debattenbeiträge. Anfang 1991 gehörte der linke Ex-Juso zu den Co-Autoren eines Papiers mit der Überschrift „Die Modernisierung der SPD“. Der Titel ist immer noch aktuell. MARTIN TEIGELER