„Alle haben Kontrollverluste“

THEATER Von Krankheit und vom Anderssein handelt das Solo-Stück „Steile Welle“ der „compania t“

■ 47, ist Schauspielerin, Regisseurin und Autorin und hat 1998 gemeinsam mit Pablo Keller das Bremer Gastspieltheater „compania t“ gegründet.

taz: Frau Witt, die Protagonistin Ursula Wehmeyer heißt uns willkommen in „der Welt der zappelnden Glieder“ – leben an Epilepsie Erkrankte ein einer eigenen Welt?

Marion Witt: Nicht nur die, sondern alle Menschen, auch die vermeintlich gesunden. Deswegen ist Ursulas Geschichte ein Stück sowohl für Betroffene als auch für Nichtbetroffene.

Was können Nichtbetroffene von Ursula lernen?

Dass alle Menschen begrenzt sind. Alle haben mal Kontrollverluste oder kommen an bestimmten Punkten nicht mehr weiter – die Grenzen zwischen gesunden und kranken oder vermeintlich behinderten Menschen ist schmaler, als wir meinen.

Und das Leben eines Epilepsiekranken scheint außerdem sehr lustig zu sein ...

Na ja, es ist zumindest nicht weniger lustig als das eines Nichtbetroffenen. Ursulas Alltag ist oft phantastisch und surreal, und innerhalb des Rahmens „Krankheit“ gibt es dann natürlich durchaus auch amüsante Dinge.

Auch Dinge, die sich einem gesunden Menschen nicht erschließen?

Bestimmt, denn eine Krankheit kann durchaus als Weg in andere Realitäten begriffen werden. Das erkennt Ursula auch irgendwann. Sie begreift ihre Krankheit am Ende als etwas Konstruktives.

Wie stellen Sie das dar?

Natürlich steht die Sprache im Vordergrund, aber das Stück ist eine sehr bilderreiche Inszenierung mit Bewegung, Objekten und Musik. Ein Krampfanfall wird natürlich nicht gezeigt, aber Ursula reitet, zumindest im übertragenen Sinne, recht rasant ganz oben auf den „steilen Wellen“ ihres EEG.  INTERVIEW: SCHN

20 Uhr, Wilde Bühne im Volkshaus Bremen. Weitere Aufführungen: 24. und 25. 01., 20 Uhr