betrachtet das Treiben auf Berlins Bühnen

ESTHER SLEVOGT

Dass sie mal ein Theaterstar war, das hört sie heute nicht mehr so gerne, die Performance- und Aktionskünstlerin Anne Tismer. Denn das normale Theater findet sie heute, wie man hört, ziemlich doof. „Man muss ja nicht mal den Text selbst schreiben – den gibt’s ja schon. Dann kriegt man die Kleidung, und aufgebaut ist auch schon immer alles auf der Bühne. Und dann sitzt immer einer unten zum Aufpassen, dass alles klappt. Ich verachte das jetzt,“ hat sie mal in einem Interview mit der Zeit gesagt. Auch ihre Auftritte als Performerin – meist in eigenen Kunstaktionen – sind rar geworden. Aber jetzt steht mal wieder ein von ihr entwickeltes Projekt auf dem Plan: im Theater Thikwa nämlich, wo Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam Kunst und Theater machen. „Der diskrete Schwarm der Bourgeoisie“ ist es überschrieben, frei nach dem berühmten Film von Luis Buñuel. Sechs feine, elegante und sehr schöne Freunde verabreden sich immer wieder zum Essen. Dazu kommt es nie, sie werden jedes Mal unterbrochen. Vom Zufall oder anderen Unwägbarkeiten des Schicksals. Doch anders als bei Bunuel, der seinen Surrealismus noch ziemlich dicht an der Wirklichkeit orientiert, wird es diesmal auch wirklich surreal. Sagt zumindest das Theater Thikwa. Also hingehen und gucken, ob es stimmt! (Theater Thikwa: „Der diskrete Schwarm der Bourgeoisie“, Premiere am 23. 1. um 20 Uhr)

Surreal kommt uns seit den Enthüllungen von Wistleblower Edward Snowden auch das Internet vor, von dem wir dachten, es gehöre uns. Dabei gehört es den Konzernen. Und die haben es (und uns) an die NSA verkauft. Unter der Überschrift „Der Einbruch der Dunkelheit“ diskutiert eine zweitägige internationale Konferenz in der Volksbühne Theorie und Praxis der Selbstermächtigung in Zeiten digitaler Kontrolle. Mit von der Partie sind unter anderem der Netzaktivist und einstige Wikileaker Jacob Appelbaum, der Schriftsteller Dietmar Dath, die Journalistin Mercedes Bunz sowie Expiratin und Schriftstellerin Marina Weisband. (Volksbühne: „Der Einbruch der Dunkelheit“, 25.

+ 26. 1., Infos: www.volksbuehne-berlin.de)

Die vielen inzwischen so unheimlich gewordene Netzwelt hätte sich auch der Schriftsteller George Orwell ausdenken können. Über die Snowden-Enthüllungen hätte er aber wahrscheinlich trotzdem gestaunt. „Animal Farm“ heißt ein berühmtes Buch über eine gleichgeschaltete und überwachungsgebeutelte Gesellschaft. Im Theater an der Parkaue nimmt sich jetzt das Performancekollektiv Showcase Beat Le Mot des Stoffes aus den 1940er Jahren an. (Theater an der Parkaue: „Animal Farm“, Premiere 26. 1., 19 Uhr)