Filme aus dem Archiv – frisch gesichtet

LARS PENNING

Als der amerikanische Regisseur Allen Baron 1961 seinen Krimi „Blast of Silence“ drehte, gab es eigentlich schon längst keinen Film noir mehr. Doch mit einem Minibudget von nur zwanzigtausend Dollar und sich selbst in der Hauptrolle erzählte Baron noch einmal die Geschichte eines einsamen Mannes mit Hut, Handschuhen und hochgeschlagenem Mantelkragen: Der Profikiller Frankie Bono will einen letzten Auftrag ausführen, doch er scheitert an seiner eigenen Unkonzentriertheit und seiner Wut auf die Welt, die ihn zu zerfressen droht. Eine düstere Studie der existenziellen Einsamkeit eines Mannes, gedreht mit natürlichem Licht und einer oftmals versteckten Kamera auf den Straßen des weihnachtlichen New York. (OF, 24. 1., Arsenal 1)

Als eine der wenigen Defa-Produktionen genoss „Der Untertan“ (1951), Wolfgang Staudtes Verfilmung des gleichnamigen Romans von Heinrich Mann, auch im Westen einige Popularität. Die böse Satire auf die Untertanenmentalität der Deutschen zeigt den genialen Werner Peters in seiner besten Rolle: Als katzbuckelnder Opportunist Diederich Heßling macht er im Kaiserreich politisch und wirtschaftlich Karriere. Denn Heßling, der eigentlich gar keine eigenen Überzeugungen hat, ordnet sich aus lauter Angst nur allzu gern unter, allein das strikte Befolgen von Befehlen bietet ihm eine gewisse Sicherheit im Leben. Und als er doch einmal eine Initiative ergreift, bleibt er am Ende buchstäblich allein im Regen stehen. Kurz nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden, war der Film zweifellos auch ein Erklärungsmodell für die nachwirkende Katastrophe der Naziära. (29. 1., Toni & Tonino)

Der bis heute anhaltende Erfolg von James Whales klassischen Horrorfilmen „Frankenstein“ (1931) und „The Bride of Frankenstein“ (1935) verdankt sich nicht zuletzt der Schauspielkunst Boris Karloffs, der hinter der Maske des stummen, deformierten Monsters immer auch die einsame, einem Kind gleichende Kreatur auf der Suche nach einem Freund erkennen lässt. In Szenen mit einem kleinen Mädchen am See oder mit einem blinden Einsiedler bekommt der Horrorfilm hier eine geradezu pastorale Note. Aber selbstverständlich gibt es auch den handfesten Grusel: Verrückte Wissenschaftler basteln in finsteren Grüften an Lebewesen aus Leichenteilen herum, geheimnisvolle Flüssigkeiten blubbern vor sich hin und Blitze zucken auf das düstere Turmlaboratorium herab. Auch nicht ganz unwichtig für den großen Spaß ist der makabre und verspielte Humor der ganzen Unternehmung, der sich wohl nicht zuletzt der Tatsache verdankt, dass Regisseur Whale und die meisten seiner Hauptdarsteller Engländer waren. (OF, 24. 1., Eiszeit-Kino 1)