„Haben Sie keinen Rasierer?“

Kinder einer Würzburger Schulklasse schreiben an den iranischen Präsidenten

Der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad hat, wie man hört, nach seinen Briefen an George W. Bush und Papst Benedikt XVI. Spaß daran gewonnen, Briefe zu schreiben und auch zu bekommen. In den „Federkrieg“ mit dem Wahl-Teheraner sind jetzt die Schüler der 9. Klasse der Peter-Härtling-Realschule Würzburg eingetreten. Wir dokumentieren hier einige der Briefe, die als engagiertes Projekt im Unterricht entstanden, in Auszügen.

Hey, Ahmadinedschad!

In Sozialkunde haben wir die Probleme Ihres Heimatlandes durchgenommen. Es tut mir leid, aber ich möchte nicht mit Ihnen tauschen. Deutschland ist ein schönes Land mit Bächen, Seen und einer Vielfalt an Fernsehsendern und Wurstsorten. Der Iran ist ein Staat mit Spinnern, die sich gegenseitig eins auswischen wollen. Es wäre mir zu blöd, mich an diesem Streit zu beteiligen. Schämen Sie sich manchmal für Ihre Landsleute?

Herzlich, Ihr Mario

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Lieber Herr Präsident!

In meiner Klasse sind fast alle meine Mitschüler zu faul dazu, Ihren silbenreichen Namen vollständig auszusprechen. Eingebürgert hat sich das Kürzel „Ahmi“. „Der Ahmi will Israel auslöschen“, „Der Ahmi will die Atombombe“, „Der Ahmi“ hier und „Der Ahmi“ da. Andererseits gibt es in meiner Heimatgemeinde an den Wänden von manchen abbruchreifen Häusern Graffitti mit dem gegen Ihren Erzfeind Amerika gerichteten Appell „Ami, go home“. Wurmt Sie das? An Ihrer Stelle würde es mich wurmen, mit den Amis verwechselt zu werden. Mit schönen Grüßen! Ihr Lukas-Leon

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Hallo, Sir Ahmadinedschad!

Sie kennen mich nicht. Ich bin Schüler der Klasse 9. Sie sind Präsident oder so was. Mir imponiert das nicht. Was ich Ihnen jetzt noch schreiben soll, weiß ich nicht, außer dass ich an Ihrer Stelle keine Sekunde zögern würde, wenn ich in der Lage wäre, eine Atombombe auf Würzburg zu schmeißen.

So long – Ihr Jonas B.

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Dear Mr. Ahmadinedschad!

Wenn ich Sie wäre, würde ich mich mal rasieren. Oder haben Sie keine Rasierer in Ihrer komischen Erdöl-Metropole?

Mit freundlichen Grüßen, Ihre Elke Schmölders

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Lieber Herr Ahmadinedschad,

Sie wundern sich wahrscheinlich, dass Sie einen Brief von mir bekommen, denn wir kennen uns ja nicht persönlich, sondern nur aus dem Fernsehen, und ich glaube kaum, dass wir uns viel zu sagen haben. Sie sind Staatschef. Ich bin Schüler. Damit ist meiner Meinung nach schon alles gesagt. Herzliche Grüße, Ihr Yannick Schöpfhorn-Altenbeken

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Liba Armmadinescher!

Zum geburtstack habe (eine) (neuß) neues Zuppeöhär für meine Blehmobill Burgck. Bekomen. Eß gräßt ihür Steffan

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Herr Präsident!

Seit ich Grundschüler bin, reise ich gerne. Bei diesen Reisen habe ich meine Menschenkenntnis vertiefen können, und ich glaube, dass es auch im Iran Leute gibt, die lieber auf dem Sofa liegen würden als im Straßenstaub Hassparolen zu brüllen und sich dafür einzusetzen, dass Ihnen, Herr Präsident, das Recht zuerkannt wird, mit Atombomben um sich zu schmeißen. Es kann doch nicht sein, dass die Iraner allesamt Halbstarke sind! Es muss doch auch Iraner geben, die den Wert einer unaufgeregt genossenen Teestunde zu schätzen wissen! Das sagt mir meine weiter oben erwähnte Menschenkenntnis.

Ich appelliere an Sie, im Namen der Völkergemeinschaft, Ihre Politik zu überdenken und mir zu antworten. Rückporto liegt bei. Hochachtungsvoll, Ihr Karl-Alexander Schimanowski

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Mein lieber, süßer Nedschi!

Von allen Staatsführern, die ich aus dem Fernsehen kenne, bist Du der süßeste Boy. Ich mag Deinen Bart und Deinen Mut, und ich habe schon oft davon geträumt, Dich am Kinn zu kraulen. In meiner Klasse ist keiner so sexy wie Du. O Nedschi, hol mich raus aus Würzburg! Und dann mach mit mir, was du willst! Ich vergammele hier sonst noch. Deine Evelyn

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Sehr geehrter Herr Präsident!

Die beigefügten Briefe der Schülerinnen und Schüler des von mir geleiteten Sozialkundekurses sollen Ihnen vor Augen führen, dass es in Deutschland Jugendliche gibt, die in einen Dialog mit Ihnen eintreten möchten. Das ist allemal besser als die nächste Eskalation der Gewaltspirale.

Mein größter Wunsch wäre es nun, einmal mit meiner Sozialkundeklasse den Iran zu bereisen, eine iranische Schule zu besuchen und so auch auf einer persönlichen Ebene den Kontakt zwischen Abendland und Morgenland zu intensivieren. Ich müsste allerdings meine pflegebedürftige Tante Anneliese mitbringen, die nur liegend befördert werden kann. Aber als Präsident eines aufstrebenden Industriestaats wird es Ihnen bestimmt ein leichtes sein, meiner Klasse, meiner Tante und mir ein geeignetes Flugzeug vom Typ Airbus A340 bereitzustellen.

Ich will Ihnen nicht verschweigen, dass ich dann auch hart und offen mit Ihnen über Ihr Atomprogramm und die Lage der Menschenrechte im Iran diskutieren möchte. Ich bin, rundheraus gesagt, verärgert über Ihre politischen Winkelzüge, und trotzdem gebe ich der Hoffnung Raum, dass wir diese und andere Fragen in einem persönlichen Gespräch klären können.

Hochachtungsvoll, Ihr Oberstudienrat Dagobert Lampert

AUFGEZEICHNET VON

GERHARD HENSCHEL