DIE LETZTEN KALTEN KRIEGER: HIRSCHE

Das konservativste Tier der Welt ist der Hirsch. Mauerfall? Zeitenwende? Das Ende des Blockdenkens? Nicht mit uns!, sagt sich der gemeine Hirsch und lebt mitten im Kalten Krieg – und das heute! Wie tschechische Wissenschaftler jetzt herausgefunden haben, existiert der frühere Eiserne Vorhang zwischen Ost und West in den Köpfen von Hirschen weiter. „Die Hirsche auf der tschechischen Seite des Böhmerwalds wandern genau bis zu der Stelle, wo früher Stacheldraht den Sperrbereich vor der Staatsgrenze markierte“, teilte der Zoologe Pavel Sustr am Mittwoch mit. Ähnlich verhielten sich ihre Artgenossen auf der anderen Seite der deutsch-tschechischen Grenze. Die Forscher, die die Hirsche sechs Jahre lang studierten, vermuten, dass Hirschkühe über Generationen die Grenzen ihres Territoriums an ihre Nachkommen weitergeben. Fast 25 Jahre nach der Grenzöffnung halten sie unbeirrt daran fest. Doch bevor wir uns über die röhrenden Hirsche, die aus der Kälte kommen, lustig machen, sollten wir an das große Wort von F. W. Bernstein denken: Die schärfsten Kritiker der Hirsche waren früher selbe wirsche.