Krumme Geschäfte der KP-Elite

CHINA Angehörige der kommunistischen Führungsriege horten heimlich große Vermögen in kapitalistischen Steueroasen. Pekings Behörden reagieren auf die Leaks mit Zensur

Es ist der Beweis dafür, dass Chinas Machtelite ihr Vermögen ins Ausland verschiebt

AUS PEKING FELIX LEE

Eine solche Fülle an Daten muss erst mal ausgewertet werden. Den Journalisten lagen 2,5 Millionen Dateien in Form von 260 Gigabyte von mehr als 122.000 Briefkastenfirmen mit den Namen von 130.000 Personen vor. Was ihnen jedoch sofort auffiel, als sie die Daten erstmals zu Gesicht bekamen: Es tauchten erstaunlich viele chinesische Namen auf. Nun, zwei Jahre später, präsentieren sie die Ergebnisse. Sie dürften eine Schockwelle im Pekinger Regierungsviertel ausgelöst haben.

Wie die Daten belegen, hortet Chinas Führungselite seit Jahren ihr Vermögen in Steueroasen in der Karibik und auf der Insel Samoa im pazifischen Ozean und betreibt dort Geschäfte. Bei den Offshore-Leak-Daten finden sich so illustre Namen wie Deng Jiagui, Schwager des amtierenden Präsidenten Xi Jinping, Wen Yunsong, Sohn des früheren Premierministers Wen Jiabao, aber Li Xiaolin, die berühmte Tochter von Li Peng, der 1989 als Premierminister die Niederschlagung der Demokratiebewegung auf dem Tiananmen-Platz mitzuverantworten hat. Selbst die Namen des Schwiegersohns des Reformers Deng Xiaoping, der China einst der Außenwelt öffnete, sowie ein Angehöriger von Expräsident Hu Jintao tauchen in den Unterlagen auf.

Unter den mehr als 21.000 aufgeführten Offshore-Kunden aus der Volksrepublik und Hongkong finden sich mindestens 13 Angehörige hochrangiger chinesischer Politiker. Es ist der bislang offensichtlichste Beweis dafür, dass Chinas kommunistische Machtelite ihr Vermögen ins Ausland verschiebt und es dort vermehren lässt. Dem Bericht des Internationalen Konsortiums für investigativen Journalismus (ICIJ) zufolge haben chinesische Vermögende seit 2000 Kapital im Wert von vier Billionen Dollar in die Steueroasen geschafft.

Bei den Offshore-Leaks handelt es sich um einen Datensatz über die Machenschaften in Steueroasen, der 2011 den Journalisten anonym zugespielt wurde. Die ersten Enthüllungen im April 2013 haben bereits eine Reihe von Politikern und Bankern weltweit zu Fall gebracht.

Die nun veröffentlichten Daten bergen aber besondere Brisanz: In demokratischen Ländern müssen Politiker und Unternehmer in der Regel von ihren Posten zurücktreten und vor Gericht erscheinen, wenn ihnen nachgewiesen wird, dass sie Steuern hinterzogen haben.

In China hingegen rühmt sich die derzeitige KP-Spitze – allen voran Staatspräsident Xi Jinping, das Problem von Machtmissbrauch, Steuerflucht und Selbstbereicherung eigenständig in den Griff zu bekommen. Seit seinem Amtsantritt vor einem Jahr überzieht Xi das Land mit einer Anti-Korruptions-Kampagne und verspricht, gegen „Tiger und Fliegen gleichermaßen“ mit eiserner Hand vorzugehen. Es werde keine Rücksicht darauf genommen, ob es sich um niedrige Beamte oder Spitzenfunktionäre handelt.

Würde Xi sein Versprechen halten, müsste er jedoch längst gegen seine eigenen Familienmitglieder und die einer Reihe von Spitzenfunktionären vorgegangen sein. Der Straftatbestand der Korruption ist mit den bislang geleakten Daten zwar noch nicht erfüllt. Doch Steuer- und Kapitalflucht reicht in der Volksrepublik völlig aus, um hart bestraft zu werden. Alle genannten Angehörigen dieser Spitzenpolitiker sind in China gemeldet und damit hier steuerpflichtig, ebenso die aufgeführten Spitzenunternehmer. Die ICJ-Journalisten können eigenen Angaben zufolge detailliert zurückverfolgen, auf welchen dunklen Kanälen seit 2000 massiv Kapital aus China abgeflossen ist. Sie kündigten weitere Enthüllungen für die nächsten Tage an.