portrait
: US-Starmanager auf neuem Posten

Er ist der Liebling der Wall Street, ein Mann mit einem 700 Millionen Dollar schweren Privatkonto und dazu ein gefeierter Manager der Investmentfirma Goldman Sachs. Nun soll Henry M. Paulson junior, 59, auch noch helfen, das angeschlagene Image der Bush-Administration wieder aufzupolieren. Anfang der Woche ernannte US-Präsident George Bush Paulson zu seinem Finanzminister und Top-Berater in Wirtschaftsfragen. Der soll ein weitgehend neues Wirtschaftsteam leiten, das der Administration einen pragmatischeren Kurs verordnen soll.

Präsident Bush, der in den letzten Wochen seinem Mitarbeiterstab im Weißen Haus eine Frischzellenkur angedeihen ließ, hatte bereits zahlreiche Männer ausgewechselt, zuletzt eben den zunehmend kraftlosen Finanzminister John Snow. Auf der Suche nach jemandem, der seinem müden Team neuen Lebensmut einhauchen könnte, waren Bushs Späher auf den Goldmann-Sachs-Chef gekommen. Der Mann aus Illinois soll nun dafür sorgen, dass das US-Finanzministerium wieder seine alte Macht zurückerobert, die ihm der übermächtige Stab im Weißen Haus in den letzten fünf Jahren abgerungen hatte.

Um dem Börsenstar zum Amtsantritt guten Rückenwind zu verschaffen, verkündete die Bush-Administration gestern zeitgleich eine Erfolgsmeldung. Das angekündigte Defizit von 300 Milliarden Dollar sei nicht ganz so gigantisch, da die Steuereinnahmen überraschend hoch seien. „Wir dürfen nicht vergessen, dass die Stärke der US-Wirtschaft untrennbar verbunden ist mit der Stärke der Weltwirtschaft“, sagte Paulson bei der feierlichen Amtseinführung am Montag. Er kündigte an, sich vornehmlich internationalen Fragen widmen zu wollen, ohne zu verraten, was er sich für die US-Wirtschaft vorgenommen hat.

Internationales dürfte in Paulsons neuem Job nicht zu kurz kommen. Bei einem US-Handelsbilanzdefizit, das sich der 800-Milliarden-Dollar-Marge nähert und der schieren Notwendigkeit, dass die USA täglich an die 8 Milliarden Dollar an ausländischen Investitionen anlocken müssen, um sich ihren Lebensstil leisten zu können, dürften seine weltweiten Kontakte gefragt sein.

„Hank“, wie Bush ihn nennt, auf die Schulter klopfend, sagte ein sichtlich zufriedener Bush bei der Antrittsfeier, „Hank versteht, dass Steuerkürzungen dafür gesorgt haben, dass Millionen von Amerikanern heute besser leben.“ „Hank“ schwieg. Dann sagte er ernst: „Wir müssen eine ökonomische und regulatorische Politik verfolgen, die der heutigen Welt angemessen ist.“ Das Wort Steuerkürzungen hatte er während der ganzen Zeremonie nicht einmal in den Mund genommen.

ADRIENNE WOLTERSDORF