Wurzeln des Übels nicht gekappt

Gesetz soll Miethöhe von Sozialwohnungen begrenzen

KRISTINA PEZZEI

Der Senat will die Mietwucherei bei Sozialwohnungen begrenzen. Das Paradox, dass Wohnungen für Bedürftige teurer sind als Wohnungen für Menschen mit mehr Geld, soll damit aufgelöst werden. Das ist gut, es ist höchste Zeit – und es ist viel zu wenig.

Selbst wenn Optimisten davon ausgehen, dass sich die Wirtschaft in der Stadt weiter positiv entwickelt und die Zahl der Bedürftigen nicht steigt, wird Berlin auf absehbare Zeit die Hauptstadt der Arbeitslosen und Armen bleiben. Der Bedarf an bezahlbarem Wohnraum bleibt hoch. Wenn der Senat nun Sozialwohnungen im Prinzip am Mietspiegel orientieren und laut Gesetzentwurf Eigentümern freistellen will, jede zweite Wohnung aus der Mietpreisbindung zu nehmen, stellt sich die Frage: Wo sollen sie denn hin, die Sozialhilfeempfänger? Und die anderen, bei denen das Geld knapper wird? Denn die Mieten und damit der Mietspiegel werden steigen – die Löhne schwerlich in gleichem Maß.

Die Ärmeren werden somit zwangsläufig dahin gedrängt, wo es billig ist: an den Rand und in die „Absteigerkieze“. Mit dem Ergebnis, dass sich dort die sozialen Probleme verschärfen, die Stadt weiter gespalten wird. Aufgabe der Stadtentwicklungsverwaltung ist doch aber, genau das zu verhindern – die Stadt als Einheit zu erhalten.

Erreichbar wäre das, indem sozialer Wohnraum übers Stadtgebiet verstreut geschaffen wird und sich die Schichten mischen. Indem man bei Neubauten darauf achtet, dass ein Teil der Wohnungen für Bedürftige freigehalten wird. Der jetzige Entwurf ist ein Versuch, die Lage in Schach zu halten. Um die Wurzeln des Übels zu kappen, fehlt offenbar der Mut.

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