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: „Rebell in Turnschuhen“

Der deutsche Titel ist doppelt dämlich. Was sollen Rebellen an ihren Füßen tragen, wenn nicht Turnschuhe? Budapester? Außerdem geht es um eine Rebellin, und die springt im Film meist barfuß herum. Haley (Missy Peregrym) war einmal ein viel versprechendes Turntalent, bei einem wichtigen Wettkampf verließ sie allerdings ohne Begründung die Matte. Seitdem fährt sie lieber mit dem BMX-Rad in leeren Vorgarten-Pools rum. Als sie dabei mal wieder von der Polizei erwischt wird, verdonnert sie eine Richterin dazu, zurück in die Sportschule zu gehen. Anfangs bockt sie, aber natürlich wird sie wieder Gefallen an ihrem Sport finden, und natürlich wird es am Ende einen großen Wettkampf geben, in dem Haley sich erneut beweisen kann.

Regieneuling Jessica Bendinger mischt den typischen Plot eines Sportfilms mit dem Figurenpersonal und den Coming-of-Age-Weisheiten des Highschoolfilms. Die bekannten Bilder vom harten Training für den entscheidenden Wettkampf wechseln ab mit Haleys Konfrontationen mit einer zickigen Konkurrentin um die Rolle der „Queen Bee“ in der Turnschule. Ähnlich hatte die ehemalige „Sex and the City“-Autorin Bendinger schon in ihrem Drehbuch zu „Girls United“ (2000) Highschool- und Sportfilm verbunden, dort ging es um Cheerleading. Die Rolle der Haley ist dementsprechend eigentlich nur eine Neuauflage der von Eliza Dushku gespielten Rebellin in „Girls United“.

Bemerkenswert an „Rebell in Turnschuhen“ ist allerdings, wie der Film die Genre-Anforderungen zwar grundsätzlich bedient, aber sich auch immer wieder Freiheiten nimmt. So kommt Haleys Rolle gänzlich ohne Liebesgeschichte aus, sie hat lediglich zwei Kumpel, auf die sie sich immer verlassen kann. Bemerkenswert politisch ist die Schlusswendung. Die Rebellin löst tatsächlich eine Rebellion aus, auch wenn man deren Nachhaltigkeit bezweifeln kann. Aber die Botschaft ist klar: Nur Solidarität und Mut können gegen Willkürherrschaft helfen.

Leider findet Bendinger für ihre Botschaften keine zwingende Form – oder besser gesagt, sie kann sich nicht für eine entscheiden. Am Anfang experimentiert sie mit beschleunigten Bildern zu treibender Musik; im Gym setzt sie auf Abstraktion, indem sie die Turnerinnen vor rotweißen Hintergründen Figuren tanzen lässt wie in einem Busby-Berkeley-Musical; wenn Haleys Kumpel auftauchen, glaubt man allerdings eher, in einer Deppenkomödie zu sein. Diese ständigen Tonartwechsel lenken nur von den Figuren ab, die ja eigentlich die Botschaft des Films tragen sollen. So nimmt die Regisseurin ihrem eigenen Drehbuch einiges von seiner Schlagkraft.

SVEN VON REDEN

„Rebell in Turnschuhen“. Regie: Jessica Bendinger. Mit Jeff Bridges, Missy Peregrym, Vanessa Lengies u. a., USA 2006, 103 Min.