Kapitän mit Kamera

Wäre die Piratenpartei in den vergangenen Monaten nicht so dramatisch abgeschifft, säße Meinhart Ramaswamy jetzt wohl im Bundestag. Oder wenigstens im niedersächsischen Landtag. Für beide Parlamente hatte der 60-jährige Göttinger auf vorderen Plätzen kandidiert. Ramaswamy ist Pirat aus Überzeugung. Die Vielfalt und Offenheit in der sich formierenden Partei habe ihn angezogen, sagt er. Die Piraten seien die einzige Partei, „in der man Gedanken frei äußern kann, ohne sich an einer Ideologie orientieren zu müssen“.

Diese Aussage passt zu seiner Biografie. Sein Vater ist Inder, die Mutter stammt aus Tschechien, die Familie seiner Frau aus Polen. Ramaswamy wurde in Wien geboren und wuchs in Deutschland auf. Die Internationalität, erzählte er einst, „ist sozusagen schon in mir drin, das geht gar nicht anders“. Seit 1972 lebt Ramaswamy in Göttingen, er ist seit 35 Jahren verheiratet, hat vier Söhne und drei Töchter. Nach einem Pädagogik-, Ethnologie- und Publizistik-Studium promovierte er 1977. Später drehte Ramaswamy Filme, arbeitete als Verleger, Autor und Lektor, als Personalentwicklungsplaner, Dozent und Publizist. Er war Geschäftsführer einer Waldorf-Schule und beim Göttinger Stadtradio.

Auch politisch hat Ramaswamy eine turbulente Vergangenheit. 2006 mischte er im Kommunalwahlkampf der Linkspartei in Göttingen mit. Später fragten ihn sozialliberale Kräfte in der FDP für eine Bundestagskandidatur an. 2009 schloss er sich den Piraten an, baute den Göttinger Kreisverband mit auf und wurde Landesschatzmeister.

Ramaswamy ist seit 1973 Mitglied bei der Humanistischen Union. Ohnehin sind Bürgerrechte seine Sache. Vor Kurzem klagte er erfolgreich gegen filmende Polizisten bei Demonstrationen. Gestern stand er als Beklagter vor Gericht. Der ehemalige Pressechef des AKW Grohnde will Schadensersatz von Ramaswamy, weil der ihn ohne sein Wissen gefilmt und den Clip ins Netz gestellt haben soll. Das Urteil fällt am 19. Februar.  RP