Trittin auf den Spuren Fischers

Auch der einstige Umweltminister ist in die USA gereist – allerdings als neuer Chefaußenpolitiker der Grünen. Zu Alaska-Lachs löst er die Probleme Washingtons

WASHINGTON taz ■ Während der Tross des Weißen Hauses um US-Präsident George Bush die Koffer packt, um über Trinwillershagen nach Sankt Petersburg zum G-8-Gipfel zu reisen, hat die Arbeitsgruppe Außenpolitik der Grünen im Bundestag den Weg nach Washington angetreten. Im Gepäck haben sowohl George Bush als auch Jürgen Trittin, der nun für das grüne Äußere zuständige Ex-Umweltminister, vor allem eines, nämlich das Thema Energiesicherheit. Die Politik Jürgen Trittins dabei ist es, neue Freunde in einer Stadt zu finden, die sich ehedem für seine Botschaften herzlich wenig interessierte.

„Das Bild hat sich geändert“, sagte Trittin am Dienstagabend sichtlich zufrieden bei einem Dinner in einem der wenigen Biorestaurants der US-Hauptstadt. Es habe ihn gefreut, dass er beim Thema Energie in Washington eine neue Bereitschaft zum Gespräch vorgefunden habe – und auch positiv überrascht, dass er aus dem Munde US-Offizieller das Wort „Multilateralismus“ gehört habe.

Trittin, der in fließendem Englisch referierte, sagte, er sei sicher, dass die Energiefrage der Schlüssel zur Sicherheit sei. „Es ist im eigenen Interesse der Vereinigten Staaten, mit Schwellenländern multilaterale Vereinbarungen einzugehen, damit diese Länder davon überzeugt werden können, sich mehr auf nachhaltige Ressourcen zu stützen als gegenwärtig.“ Dazu gehöre aber auch, dozierte Trittin, dass man bereit sein müsse, die eigenen Lebensangewohnheiten zu verändern.

Zum Alaska-Lachs hatte der Gastgeber, das liberale „Center for American Progress“, Jürgen Trittins elfseitigen Entwurf einer neuen grünen Außenpolitik gelegt. „Grüne Werte – Deutschlands Interessen“ betitelt, umreißt es vom Kosovo über UN-Reformen und Terrorismusbekämpfung bis hin zur Globalisierung die wichtigsten Eckpunkte der Nun-wieder-Oppositionspartei. Aus der mitreisenden fünfköpfigen Arbeitsgruppe war großes Lob für den Außenpolitiker Trittin zu hören. Es sei ungeheuer, wie schnell er sich eingearbeitet habe. Doch die Begeisterung für Trittins Papier hielt sich bei den Lesern in Grenzen. Da stehe nichts wirklich Neues drin.

Überraschend darin ist nur Trittins schnörkellose Feststellung, dass der Unilateralismus gescheitert sei, zu besichtigen am Beispiel Irak. Was aber Deutschland zur Lösung wesentlicher Probleme aus Sicht der Grünen beitragen könnte, das verriet Trittin nicht. Und was genau zu tun sei, wenn zum Beispiel Chinas Ölhunger und ideologiefreie Afrikapolitik zum Beispiel im Sudan jahrelange westliche Anstrengungen gegen Korruption, Frauenunterdrückung und Armut vom Tisch fegen, auch das blieb unerwähnt. Am Podium stand noch immer ein beredter Umweltpolitiker Trittin, der noch nicht ganz im Außenressort angekommen ist.

ADRIENNE WOLTERSDORF