vor ort
: BORIS R. ROSENKRANZ über die Reanimation eines fernsehbekannten Kaufhauses in Bochum

Es ist wohl das einzige deutsche Kaufhaus, das eine Goldene Kamera und den Bayerischen Filmpreis gewonnen hat. Zumindest indirekt. Denn Anfang der Neunzigerjahre drehte Dieter Wedel hier, im Kaufhaus Kortum in Bochum, seinen Fernseh-Vierteiler „Der große Bellheim“, der später mehrfach ausgezeichnet wurde. In der Hauptrolle: Mario Adorf, der als Peter Bellheim gegen den finanziellen Ruin seiner Kaufhauskette kämpfte – kurz bevor die Realität die Fiktion einholte: Gerade fernsehbekannt, geriet das Kaufhaus Kortum plötzlich selbst in schwere wirtschaftliche Probleme. Und schloss.

Seither steht das schmucke Gebäude in der Bochumer Innenstadt leer; lediglich ein Geschäft mit Haushaltswaren und ein Schuhladen füllen das Erdgeschoss. Ein tragisches Symbol für den Niedergang der Innenstädte, speziell für den der Bochumer City: Nur ein paar Ecken weiter, an der Huestraße, schließt ein alt eingesessener Laden nach dem anderen. Stattdessen öffnen grelle Ramsch-Rampen, die alles für einen Euro verscherbeln. Den Bochumern ist diese Entwicklung schon lange ein Dorn im Auge. Vor allem die Tatsache, dass sich in der City kein Kaufhaus mehr findet, war und ist immerzu Thema in der Lokalpresse.

Die ist es nun auch, die ausplaudert, wozu sich die Beteiligten, zum Beispiel die Kirchliche Zusatzversorgungskasse Köln als Vermieterin, bislang nicht oder kaum äußern wollen: Wie die Bochumer Ruhr Nachrichten erfahren haben wollen, kommt bald wieder Leben ins Kaufhaus Kortum. Nach Angaben des Blattes soll die geizgeile Elektrokette Saturn, eine Tochter der Metro Group, ihre Bochumer Dependance dort eröffnen. Die Stadt kommt dem Unternehmen dabei erheblich entgegen, will sogar einen Zugang zur unter dem Gebäude liegenden Tiefgarage schaffen. „Wir haben positive Signale, dass es diesmal klappt“, sagt Dieter Fleskes, Vorsitzender der SPD-Fraktion im Rat.

Jetzt also: Käme Saturn, wäre ein jahrelanges Tauziehen vorüber, bei dem immer wieder über neue Nutzungskonzepte spekuliert wurde. Mit dem Elektromarkt erhielte Bochums Innenstadt zwar weiterhin keinen Alleshändler, aber zumindest eine namhafte Kette in einer zunehmend gesichtslosen Umgebung. Und vielleicht noch mehr: So wird Saturn wohl das ganze Haus mieten, aber nicht die ganze Fläche benötigen. Angeblich soll der restliche Leerstand durch Gastronomie getilgt werden. Was sich gut in die Historie des Hauses einfügen würde: Zu Zeiten des Wirtschaftswunders in den Sechzigerjahren stand das Kaufhaus noch für eine blühende Konjunktur mit dem angeblich besten Sortiment im Revier, etlichen Arbeitsplätzen – und einem Café, in dem Konzerte stattfanden. Was die besseren Zeiten des Kaufhauses waren. 1921 eröffnet, war das Kaufhaus noch nach den Gebrüdern Alsberg aus Köln benannt. Die aber wurden von den Nazis im Jahre 1933 wegen ihrer jüdischen Abstammung enteignet und das Haus nach dem Bochumer Arzt und Dichter Carl Arnold Kortum benannt. Die Alsbergs wurden deportiert, kamen ums Leben. Aber darüber spricht man in Bochum heute eher selten.