Der Winter kommt ganz schön fies

GROSSE RUTSCHPARTIE

Im Winter hat man eine prima Aussicht vom Großen Bunkerberg des Volksparks Friedrichshain. Die Bäume sind kahl, der Blick reicht weit über die Hausdächer der angrenzenden Alt- und Neubauviertel. Am Montagmorgen ist ein Abstecher auf den 78 Meter hohen Mont Klamott auch akustisch ein Erlebnis: Von allen Seiten dröhnen im Minutentakt die Sirenen der Krankenwagen, Notärzte, Feuerwehren. Bester Surroundsound also.

Es herrscht Ausnahmezustand. Ganz offiziell ausgerufen von der Feuerwehr. Weil der Winter erstens ziemlich unvermittelt doch noch kommt und zweitens ganz schön fies. Statt gemütlich die Stadt einzuschneiden, gibt es erst mal Blitzeis, rechtzeitig zum Ende des morgendlichen Berufsverkehrs. Autofahrer bremsen auf Schritttempo runter und können doch viele Karambolagen nicht vermeiden. Radfahrer steigen ab, nicht immer freiwillig. Fußgänger versuchen, durch permanenten Bodenkontakt den tiefen Fall zu vermeiden. Eine etwas andere Art des Moonwalks, begleitet von einem aufmunternden Lächeln, wenn sich zwei aneinander vorbeischieben.

Besonders gemein ist, dass es nicht überall gleich rutschig ist. Viele Gehwege im Windschatten sind trocken, dann kommt plötzlich eine exponierte Stelle – und da liegt man dann. 1.600 Notfalleinsätze registriert die Feuerwehr bis Montagnachmittag. Ein Höchstwert, so ein Sprecher.

Und weil es so schön ist, wiederholt sich das Chaos – in leicht abgeschwächter Form – am Dienstag. Erst am Nachmittag ist es in allen relevanten Luftschichten so kalt, dass es auch schneit.

Noch die ganze Woche sieht – und hört – man Menschen, die in mühseliger Kratzarbeit ihr Auto von der Schicht aus Blitzeis befreien. Übrigens ein Beleg dafür, wie viele Autos in dieser Stadt einfach tagelang nur rumstehen, ohne wirklich gebraucht zu werden. BERT SCHULZ