LESERINNENBRIEFE
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Situation ist außer Kontrolle

■ betr.: „Wir sterben allein“, taz vom 22. 1. 14

Die westliche Welt hat es leider versäumt, rechtzeitig die SyrerInnen zu unterstützen, die im März 2011 für Würde, Freiheit und Menschenrechte friedlich auf die Straße gegangen sind. Nachdem inzwischen die Situation in Syrien außer Kontrolle geraten ist, wird unter dem Vorwand, keine islamistischen Gruppen unterstützen zu wollen, der syrischen Bevölkerung weiterhin fast jegliche Hilfe versagt. Vom Westen wird weiterhin aus strategisch-politischen Gründen an al-Assad festgehalten. Es ist nun zu hoffen, dass die jetzt zusätzlich zugänglichen Dokumente von Menschenrechtsverletzungen dazu führen, Baschar al-Assad als den zu identifizieren, der dabei ist, sein Volk auszurotten, und ihn einem Menschenrechtstribunal zuzuführen. Bei der bevorstehenden Konferenz sollten nicht die Interessen des Westens im Vordergrund stehen, sondern die der SyrerInnen, die vor allem wollen, dass das Morden ein Ende hat und die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und Medikamenten sichergestellt wird. Eine Schließung der Foltergefängnisse und Freilassung der Gefangenen wäre ein weiteres Desiderat. HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

Lang ersehnte Friedenskonferenz

■ betr.: Wir sterben allein“ u. a., taz vom 22. 1. 14

Die USA und andere westliche Regierungen werfen dem syrischen Staatschef Baschar al-Assad schon länger vor, beim Kampf gegen die Rebellen Kriegsverbrechen begangen zu haben. Der Machthaber weist dies von sich und hat wiederholt erklärt, gegen Terroristen vorzugehen. Mit solchen Propagandameldungen wollen kriegswillige oder bereits Kriege führende Staaten die Schuld auf die jeweiligen Gegner übertragen und vor allem von ihren eigenen Verwicklungen ablenken. Dabei hoffen sie, dass die friedfertigen Menschen in aller Welt solchen Aussagen auch Glauben schenken, weil sie nicht wissen können, dass die jeweils anklagenden Staaten in vielfältiger Weise selbst in die scheinheilig beklagten Auseinandersetzungen verwickelt sind. Das war schon immer so, und das wird so bleiben, wenn die Menschen den Kriegstreibern und Kriegsgewinnlern nicht endlich Einhalt gebieten. Voraussetzung ist, dass die Medien solche, manipulierten Meldungen nicht ungeprüft übernehmen, sondern diese zunächst sorgfältig hinterfragen und sie erst danach mit den recherchierten, wahren Hintergründen veröffentlichen.

Es muss doch nicht nur den Journalisten aufgefallen sein, dass die Meldung über Kriegsverbrechen in Syrien kurz vor dem Start der lang ersehnten Friedenskonferenz in der Schweiz gebracht wird. Offensichtlich wollen die Kriegsgewinnler und ihre willfährigen, politischen Handlanger ein Scheitern der Friedenskonferenz befördern, damit sie weiter ihre grausamen und mörderischen Geschäfte betreiben können. WERNER ORTMANN, Korschenbroich

Absurde Episode

■ betr.: „Zurück nach Bosnien“, taz vom 22. 1. 14

Der Einschätzung von Martin Reeh kann ich nur zustimmen. Der Zeitpunkt für eine Intervention in Syrien ist für den Westen wohl längst überschritten. Wir müssen uns an die Vorstellung gewöhnen, es hier mit einem lang, wenn nicht endlos dauernden Bürgerkrieg zu tun zu haben. Die Folgen lassen sich noch gar nicht abschätzen. Er wird das Land völlig ruinieren und die Bevölkerung in ein noch fürchterlicheres Elend stürzen.

Europa und vorrangig die USA haben sich durch Zögerlichkeit und falsches taktisches Kalkül jeglicher Einflussnahme selbst beraubt. Den entscheidenden Fehler machte dabei die Obama-Administration. Sie hat sich von der russischen Diplomatie in die Sackgasse des Chemiewaffendeals manövrieren lassen. Durch den Verzicht auf Massenvernichtungswaffen hat Assad sein politisches Überleben gesichert und wahrscheinlich auch seinen Kopf gerettet. Das ist ein hoher Preis, den die internationale Gemeinschaft gezahlt hat.

Angesichts der Grauen in den Foltergefängnissen des Regimes zeigt sich jetzt, wie wenig man dadurch gewonnen hat und in welches Dilemma die Weltgemeinschaft dadurch geraten ist. Der politische Gewinner ist Putin als vermeintlicher internationaler Friedensstifter, der die „kriegstollen“ Amerikaner in die Schranken gewiesen hat. Dieses Szenario wird als absurde Episode in die Geschichte der Weltpolitik eingehen.

HARTMUT GRAF, Hamburg