Die Weichen sind gestellt

NRW: „Spielerisch“ sollen die Kleinen getestet werden

DÜSSELDORF taz ■ Jürgen Rüttgers hat eine Vision: Der Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen will sein Bundesland als „Land der neuen Integrationschancen“ profilieren. Für den heutigen Integrationsgipfel wurde deshalb schon im Juni ein 20-Punkte-Aktionsplan entworfen: „Wir brauchen in ganz Deutschland verpflichtende Sprachtests ab vier Jahren, Sprachförderung schon im Kindergarten, mehr Ganztagsangebote in den Schulen“, sagte der Ministerpräsident.

In NRW wurden für die neue Sprachförderung bereits die entscheidenden Weichen gestellt: Das frisch verabschiedete Schulgesetz von Schwarz-Gelb verpflichtet die Schulämter, ab 2007 den Sprachstand aller Vierjährigen zu erheben. „Spielerisch“ sollen die Kleinen getestet werden, kündigt das Schulministerium an. Danach sollen die Kinder mit Defiziten Sprachförderung erhalten – und Sanktionen drohen, wenn die Kinder nicht daran teilnehmen.

„Die Regierung hat kein Konzept“, klagen die Grünen. Die 23 Millionen Euro, die dafür im neuen Haushalt veranschlagt worden seien, würden deshalb wohl erst einmal nicht abgerufen. Die Sprachförderung müsse ins gesamtpädagogische Konzept integriert werden. Und das könne nur funktionieren, wenn auch die ErzieherInnen extra ausgebildet würden.

Bisher kamen Kinder nur in Kitas mit über 50 Prozent Migrantenanteil in den Genuss von Sprachförderung. Bei allen anderen Kindern nichtdeutscher und auch deutscher Herkunft werden sprachliche Defizite erst sehr spät registriert: Ein halbes Jahr vor ihrem ersten Schultag müssen sie sich einem Test unterziehen. Wer die deutsche Sprache nicht beherrscht, erhält 120 Stunden Nachhilfestunden.

Eine Förderung der Muttersprache von Migrantenkindern sieht das Konzept der Landesregierung aber nicht vor. Wie viele SprachwissenschaftlerInnen fordern die NRW-Grünen ein Modell, in dem die frühe Zweisprachigkeit gefördert wird, „weil bekannt ist, dass sich das positiv auf die Kognition der Kinder auswirkt“. NATALIE WIESMANN