Gottschalk sagt
: Du liebst nur mein Geld!

Ich dachte ja so bei mir, prima, die WM ist vorbei, die alte Kleiderordnung tritt wieder in Kraft: Alle Löwen tragen wieder Hosen, und alle Männer ziehen sich bitte oben rum was an, anstatt ihre Wampen oder auch ihre trainierten Oberkörper, meistens aber ihre Wampen, nackig durch die Innenstädte NRWs zu tragen. Genug gefußballprollt, jetzt wird sich benommen. Und habe dabei total vergessen, dass dieses Wochenende CSD in Köln ist. Wieder lauter halbnackte Männer, die ihre Wampen oder auch ihre trainierten Oberkörper, in diesem Falle sehr häufig ihre trainierten Oberkörper, nackig durch unsere schöne Domstadt tragen.

Nein, ich bin nicht neidisch auf Eure blöden Bauchmuskeln, ich bin einfach nur Spießer, das ist die Rolle, die ich mir ausgesucht habe in unserem neuen Superdeutschland. Wenn alle rufen: „Tolle Stimmung! Supergeile Party“ muss einer sagen: „Anziehen, nicht so laut bitte und außerdem ist supergeil ein doofes Wort“. Dann ziehe ich mir den Hosenbund bis kurz unter den Bauchnabel und sage im Stile Herbert Knebels: „Ach, bleib mich doch wech mit Deutschland!“

Ich kann sowieso bald auswandern und mich unter irgendwelchen Palmen fürchterlich langweilen, denn ich habe ausgesorgt. Ich habe ein Produkt erfunden, beziehungsweise ist es noch kein richtiges Produkt, mehr eine Idee, aber es wird, denn ich habe die Zeichen der Zeit erkannt, einschlagen wie eine Bombe. Nach einer eingehenden Supermarkt-Analyse hatte ich die entscheidende Idee. Ich werde ein Produkt erfinden, wo beides drin ist: Bärlauch und Aloe Vera! Ich bin reich.

Das wurde auch Zeit, denn zu den Sätzen, die man einmal im Leben gesagt haben sollte, gehört neben „Es ist falsch, was wir tun, Liebling“ auf jeden Fall auch „Du liebst nicht mich, Du liebst doch nur mein Geld!“ Natürlich habe ich diesen Satz auch schon mal gesagt, aber C. guckte nur verstört und fragte: „Welches Geld?“

Doch wenigstens hatte ich einen meiner Lieblingssätze benutzt. Andere Lieblingssätze sind wesentlich schwerer im wirklichen Leben unterzubringen, zumindest wenn man Aufenthalte in geschlossenen Anstalten vermeiden will. Ich muss mich wohl damit abfinden, dass ich niemals sagen werde: „Sie kriegen die Obduktionsergebnisse frühestens morgen Mittag“, und es ist mehr als fraglich, ob ich später mal eine Nordweide haben werde, deren Zäune dringend einer Reparatur bedürfen. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass ich jemals sagen werde: „Lies ihm seine Rechte vor, Jim!“ tendiert gegen null. Ich kenne gar keinen Jim.

Fotohinweis: CHRISTIAN GOTTSCHALK lebt in Köln und sagt die Wahrheit – alle zwei Wochen in der taz