WAS MACHT EIGENTLICH ...… der Regen?
: Lesen gehen

Was will der Regen eigentlich? Was macht er in Berlin? Will er uns quälen, uns necken? Manchmal verwandelt er sich in dicke schwarze Wolken und feuchte Luft, die den ganzen Körper in eine Schmierschicht hüllt, die an die graue Schliere auf alten Autobatterien erinnert. Dann bettelt man um ihn, fleht ihn an, in dicken Tropfen vom Himmel zu fallen und einen selbst und die verdorrte, ausgetrocknete Stadt endlich ein bisschen sauber zu waschen. Fällt er dann, dann in solchen Massen, dass man sich fragt, ob der Regen die ganze Zeit nur darauf gewartet hat, endlich nach Berlin kommen zu dürfen – wie all die Fußballfans, und wie all die Raver, die an diesem Wochenende in die Stadt quellen. Als hätte sich der gesamte verfügbare Regen verschworen, komplett über Berlin niederzugehen, quillt er dann in Sturzbächen durch die Straßen, in die U-Bahn-Schächte und die Keller der Häuser, dass es manchem doch zu viel wird und man sich fragt: Was will er, der Regen?

Nun wissen wir es: Er will lesen gehen. Durch die maroden Fenster und Rohre ist der Regen am vergangenen Wochenende in die Stadtbibliothek Mitte eingedrungen. Richtig willkommen war er dort aber nicht: Mit allen Mitteln versuchten die Mitarbeiter, sein Eindringen zu verhindern, aber mehrere hundert Bücher hielten dem Besuch des Regens nicht stand. Das ist schade, zumal der Regen ja mit durchaus lobenswerten Absichten kam. Ihm aber so richtig böse sein, ihm vielleicht gar den nächsten Besuch in Berlin verbieten, mag man im Moment auch nicht. Oder? AWI FOTO: AP