Bundestagsjugend will Grundgesetz ändern

Vier-Fraktionen-Initiative fordert „Generationengerechtigkeit“ als Staatsziel. Linkspartei wittert Sozialabbau

BERLIN taz ■ Einen zweiten Anlauf für die Aktion „Generationengerechtigkeit ins Grundgesetz“ hat gestern eine Gruppe jüngerer Abgeordneter von Union, SPD, FDP und Grünen unternommen. Die Linksfraktion fehlt bei der fraktionsübergreifenden Initiative, die sich 2004 gebildet hat. Ein erster Vorstoß war letztes Jahr in den Wirren der Neuwahl untergegangen.

Die jungen Abgeordneten fordern eine Ergänzung des Grundgesetzes, wonach der Staat „das Prinzip der Nachhaltigkeit zu beachten und die Interessen künftiger Generationen zu schützen“ habe, erklärte Anna Lührmann (Grüne). Außerdem sollen Bund und Länder per Verfassung dazu verpflichtet werden, diesen Werten in ihren Haushalten „Rechnung zu tragen“.

Damit soll gewährleistet werden, dass „mehr Investitionen in Zukunftsaufgaben“ getätigt werden und „weniger Staatsverschuldung“ verursacht werde, sagte Lührmann. Zur Frage, woher denn das Geld für die Zukunftsinvestitionen zu nehmen sei, gebe es zwar parteipolitisch unterschiedliche Vorstellungen. Zunächst sei aber schon etwas gewonnen, wenn dies Fragen überhaupt debattiert würden.

Die gegenwärtig aus 36 Abgeordneten bestehende Initiative will nach der Sommerpause anfangen, für ihren Gruppenantrag Unterschriften zu sammeln. Die Mitglieder hoffen auf Zustimmung im „dreistelligen Bereich“, sagte Jens Spahn (CDU). Für Verfassungsänderungen braucht es zwei Drittel der 614 Abgeordneten. Peter Friedrich (SPD) gestand, dass in seiner Fraktion „Skepsis“ gegenüber einer neuen Verfassungsdebatte bestehe, nachdem man gerade die anstrengende Föderalismusreform hinter sich habe. Auch gebe es Bedenken, „inwieweit die Verfassung die Politik vorprägen kann“. Aber: „Wir freuen uns auf diese Debatte.“

Spahn und Michael Kauch (FDP) betonten, sie verstünden unter Generationengerechtigkeit insbesondere mehr Kapitaldeckung in den sozialen Sicherungssystemen. Der SPD-Abgeordnete Friedrich schränkte ein, bei dieser Frage gebe es in der Initiative „eine Spannung“. Auch in der eigenen Fraktion: Die SPD-„Denkfabrik“ distanzierte sich gestern von der ganzen Aktion; diese leiste dem „Kampf gegen die solidarische Finanzierung der Sozialsysteme“ Vorschub.

Ganz ähnlich begründete die Linksfraktion ihre Ablehnung. Die Initiative der Jungparlamentarier befürworte „weitere Einschnitte in den öffentlichen Kassen“, die vor allem jene Bürger träfen, „die auf die Unterstützung der Gesellschaft am meisten angewiesen sind“, erklärte die Abgeordnete Nele Hirsch.

ULRIKE WINKELMANN