Bereit für die Großen

ZUKUNFT Der 16-jährige Alexander Zverev ist der beste Tennisjunior der Welt. Nach seinem Sieg bei den Australian Open will er sich nicht mehr allzu oft mit Gleichaltrigen messen

AUS MELBOURNE DORIS HENKEL

Er lobte den Gegner, bedankte sich beim Internationalen Tennisverband, bei den Sponsoren des Turniers und schließlich bei seinen Eltern, und es gab nichts, was er hätte besser machen können. Gemessen an der obligatorischen kleinen Rede nach seinem Sieg im Juniorenfinale der Australian Open ist Alexander Zverev aus Hamburg bereit für das Spiel bei den Großen.

Er ist erst 16 und könnte noch zwei Jahre bei den Junioren spielen, aber das will er nicht mehr oft tun. Es war eindrucksvoll, wie er am Samstag in der Rod-Laver-Arena gegen den ein Jahr jüngeren Stefan Kozlov gewann (6:3, 6:0), wie schnell er die Nervosität angesichts des ersten Auftritts im großen Stadion überwand, wie gut er Risiko und Sicherheitsspiel dosierte. Und die Tatsache, dass der Amerikaner wegen älterer und frischer Verletzungen beider Sprunggelenke nicht so gut zu Fuß war wie gewohnt, schmälert Zverevs souveränen Auftritt kein bisschen.

Nach Niederlagen im Finale des Juniorenturniers bei den French Open im Halbfinale bei den US Open hatte er sich selbst beweisen wollen, dass er als Nummer eins der Weltrangliste bereit für den Titel ist. Deshalb war die Erleichterung, die selbst auferlegte Last souverän getragen zu haben, hinterher deutlich spürbar. „Ich hab ja viel davon geredet, dass ich einen Grand-Slam-Titel gewinnen will“, meinte er, „jetzt hab ich’s geschafft; ich hab das Gefühl, einen Riesenschritt gemacht zu haben.“

Nach Dirk Dier, der 1990 bei den Junioren in Melbourne gewann, Nicolas Kiefer (95) und Daniel Elsner (97) ist er der vierte Sieger aus den Reihen des Deutschen Tennis Bundes. Gerade das Beispiel Elsner zeigt aber, dass Erfolge in jungen Jahren keine Garantie für irgendwas sind; auch der war der weltbeste Junior seines Jahrgangs und driftete bei den Großen recht schnell aus der Bahn.

Wie schwierig der Übergang ist, weiß Zverev aus der eigenen Familie; sein zehn Jahre älterer Bruder Mischa hat ihm genug darüber erzählt. Als Mischa 2007 in Melbourne sein erstes Spiel bei einem Grand-Slam-Turnier gewann, war Alexander dabei, damals neun Jahre alt. Die beiden stehen sich extrem nah, sie telefonieren täglich miteinander, und der Kleine sagt, der Große sei immer für ihn da.

Alexander findet, so groß sei der Unterschied zwischen meist schon professionell betreuten Nachwuchs und den Profis nicht. „Die sind vor allem selbstbewusster, und wir haben zu viel Respekt. Aber ich denke, an einem guten Tag kann ich oder Stefan (Kozlov) und andere mit denen unter den ersten 100, 150 mithalten.“

Er weiß nicht, ob er in Paris oder Wimbledon noch mal bei den Junioren spielen wird. Aber er glaubt, darauf vorbereitet zu sein, bei Turnieren auf der Ebene der sogenannten Futures oder Challenger zunächst einmal häufiger zu verlieren als zu gewinnen. Das sei, sagt er, einfach ein neuer Anfang, und er freue sich darauf.

In gewisser Weise war der Auftritt in der Rod-Laver-Arena die Brücke zu den Großen. Er war auch deshalb nervös vor der Premiere auf einem der schönsten Tennisplätze der Welt, weil er daran dachte, dass auf demselben blauen Boden auch Rafael Nadal und Stanislas Wawrinka um den Titel spielen würden.

Der große Tross des Tennis hat Melbourne verlassen, Alexander Zverev wird noch ein paar Tage bleiben. In dieser Woche wird er im bestens ausgestatteten Tennis-Center des Australischen Verbandes trainieren, in der nächsten will er sich für ein kleineres Turnier in Adelaide qualifizieren. Schritt für Schritt soll es gehen. Wenn er sagt, er habe kein Problem, wie Roger Federer 17 Grand-Slam-Titel zu gewinnen, dann soll das nur Ausdruck seiner Bewunderung für den Meister sein. Zverev weiß, dass ab einem gewissen Zeitpunkt vor allem eines wichtig ist: „Du musst deinen eigenen Weg finden.“