Streit um Opferschutz

Unicef verlangt von Bundesländern wirksameren Kampf gegen Kinderhandel und sensiblen Umgang mit Opfern

BERLIN taz ■ Das Kinderhilfswerk der Vereinten Nationen Unicef und die Kinderrechtsorganisation Ecpat verlangen mehr Schutz für Mädchen, die Menschenhandel und Zwangsprostitution zum Opfer gefallen sind. „Die Opfer brauchen dringend besseren Schutz und mehr Unterstützung“, erklärte die Unicef-Vorsitzende und frühere Ministerpräsidentin Schleswig-Holsteins Heide Simonis.

Anlass ist das Inkraftreten des Palermo-Protokolls gegen Kinderhandel. In der sizilianischen Stadt war 2000 eine Konvention gegen organisierte Kriminalität verabschiedet worden. Ein Zusatzprotokoll verpflichtet die unterzeichnenden Staaten zur Bekämpfung des Frauen- und Kinderhandels und stärkt die Opferrechte. Unicef und die Organisation Ecpat, in der auch Brot für die Welt und Misereor Mitglieder sind, erklärten, minderjährige Opfer hätten nun Anspruch auf umfassende Hilfe und Betreuung. Insbesondere Baden-Württemberg, Bayern und Sachsen hätten jedoch Nachholbedarf bei Opferschutz und Vorbeugung.

„In diesen Länder wird nicht sensibel genug mit Hinweisen umgegangen“, sagte Ecpat-Geschäftsführerin Mechtild Maurer der taz. Deshalb werde oft gar nicht wegen Menschenhandels ermittelt. Es gebe keine Pflicht der Polizei, Opferberatungsstellen zu kontaktieren. „In Berlin muss die Polizei innerhalb von 24 Stunden Beratungsstellen einschalten.“ Dort, wo die Polizei sensibilisiert sei, hätten die Beratungsstellen gute Erfahrungen gemacht.

Es gebe zu wenig Beratungsstellen. Die bestehenden Stellen müssten sich zu oft aus Privatmitteln finanzieren und würden zu selten gefördert. Im sächsischen Grenzgebiet gebe es beispielsweise nur eine Beratungsstelle in Zittau.

Baden-Württembergs Innenministerium entgegnete auf Nachfrage, es könne mit den Vorwürfen nicht viel anfangen. „Wir machen sehr viel in dem Bereich“, sagte ein Sprecher. Die Behörden arbeiteten auch mit Ecpat zusammen. Sachsens Landeskriminalamt wies die Vorwürfe zurück. In der Polizeiausbildung würden speziell Frauen im Umgang mit Opfern von Zwangsprostitution geschult, sagte eine Sprecherin. Jeder Polizist könne über das Intranet auf die Daten der Opfervereine zugreifen. Der Kontakt mit tschechischen und polnischen Behörden sei eng. Bayerns Innenministerium war für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. LÖW