hamburger szene
: Auf der Flucht

Die Stresemannstraße ist wie die Elbe. Anwohner lässt diese Ausfallstraße verzweifeln, denn niemals scheint der Verkehrsfluss zu versiegen. Immerhin, nachts um halb zwölf tröpfeln die Autos auf Höhe von Essig-Kühne nur noch über den Asphalt, und Zecher können ohne Beachtung der Ampeln ungefährdet nach Hause wanken.

Nicht so vergangenen Freitag: Eine kompakte Blechlawine wälzte sich stadteinwärts. Auf den Gehsteigen nahten Pulks von Fußgängern und Radfahrern: nicht nur in Dreier- oder Vierer-Gruppen, sondern gleich dreißig Mann hoch. Es wirkte wie im Hollywood-Blockbuster „Krieg der Welten“, nur dass Tom Cruise nicht dabei war und Massen stadteinwärts strömten, statt in die Wälder zu flüchten. Nahte ein Tsunami? Wurden wir belogen, als es hieß, die Nordsee sei zu seicht für Monsterwellen?

Panisch sahen die Leute bei genauer Betrachtung allerdings nicht aus. Sie lächelten, leuchteten und schwatzten wie nach den Spielen der Fußball-WM. Hatten wir etwa irgendwo gewonnen und ich nichts mitgekriegt? Oder werden die Besuche der Queen Mary 2 jetzt mit Autokorsos gefeiert? Und wieso waren eigentlich überwiegend Frauen unterwegs?

„Gibt‘s was Besonderes?“, frage ich eine Radfahrerin.

„Robbie Williams war auf der Trabrennbahn“, antwortet sie strahlend.

Hätte ich wissen können. Ein Nachbar erzählt am nächsten Tag, er habe ihn vom Balkon aus singen hören. Gernot Knödler