Chaotische Freiwürfe

Die Auslosung für die Handball-Weltmeisterschaft 2007 geriet zu einer Komödie

Es ist eine besondere Ehre: Nach den Regularien des Welthandballverbandes (IHF) darf sich bei der Auslosung der Weltmeisterschaftspartien der Trainer des Gastgeberlandes seine Gruppe – und infolgedessen auch seinen Premierengegner – selbst aussuchen. Heiner Brand entschied sich am Freitagnachmittag für Brasilien. Somit bestreiten am 19. Januar 2007 Deutschland und die Südamerikaner das Eröffnungsspiel der Handball-WM in Berlin. Im Nachhinein wäre es vielleicht am besten gewesen, der Bundestrainer hätte alle WM-Gruppen nach eigenem Gusto zusammengestellt. Den Veranstaltern der Handball-WM wäre so eine große Schmach erspart geblieben.

Im Mittelpunkt der reichlich chaotischen Auslosung in einem im luxuriösen Stil der 20er-Jahre gehaltenen Ballsaal eines Berliner Hotels stand dabei deren Leiter, der Russe Alexander Kozhukhov. Gleich zu Beginn der Zeremonie, beim äußerst langwierigen Einkapseln der Lose, sah man ihn nach einem Missgeschick am Boden auf allen Vieren nach etwas suchen. Kurz darauf, während das Publikum noch auf der Leinwand die Präsentation der teilnehmenden Teams verfolgte, zog Kozhukhov schon die erste Kapsel aus dem Topf.

Mit einer kaum verständlichen englischen Lautsprache verkündete er, welches Team welcher Gruppe zugelost wurde. Die Leute von der Technik setzten diese Verlautbarungen nach Gutdünken auf der Projektionsfläche um, sodass die Gruppen durcheinander gerieten. Als die ehemalige „Tagesthemen“-Sprecherin Gabi Bauer, die die Veranstaltung moderierte, die Verwirrung aufklären wollte, fiel die Technik aus. Die Übersichtsgrafik war nicht mehr einzusehen. Das Chaos war perfekt.

Zumindest konnten nach langem Hin und Her alle Unklarheiten beseitigt werden. Deutschland spielt in einer Gruppe mit Brasilien, Argentinien und Polen. Das Resümee von Stefan Kretzschmar, ehemaliger Nationalspieler und Ehrengast der Auslosung, fiel entsprechend kurz aus: „Die Hauptsache ist, dass man jetzt weiß, wer gegen wen spielt.“ An der Veranstaltung wollte er eigentlich nicht herummäkeln. Dann sagte er aber doch, dass zum Glück das Fernsehen nicht da gewesen wäre. Leider ein Irrtum. Der Sender al-Dschasira strahlte dieses komödiantische Zeugnis von unterentwickelter Organisation und technischem Unvermögen in den arabischen Raum aus.

Schade ist auch, dass die Eröffnungspartie der WM die einzige der 92 WM-Begegnungen sein wird, die in Berlin stattfindet. Bob Hanning, der Manager des Zweitligisten Füchse Berlin, sah dennoch keinen Grund zur Beschwerde: „Man muss bedenken, in welchem Dornröschenschlaf sich der Berliner Handball seit 20 Jahren befindet.“

Hanning arbeitet selbst eifrig daran, diesen Zustand zu ändern. Als er vor einem Jahr zu den Füchsen kam, standen diese vor der Insolvenz. In der Zwischenzeit konnte er einige Berliner Unternehmen von seinem Projekt Aufstieg 2007 überzeugen. Die Füchse gelten nun vor der neuen Saison als heißer Aufstiegsaspirant. So erstaunt es nicht, dass Hanning vor kurzem zum WM-Botschafter Berlins gekürt wurde. Als solcher hat er sich wahrscheinlich am Freitag die desaströse Auslosung woandershin gewünscht. JOHANNES KOPP