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murmeln im mund von RALF SOTSCHECK

Ein Restaurantbesuch in Dublin hat seine Schrecken längst verloren. Vorbei sind die Zeiten des fetten Schinkens, des totgekochten Gemüses, der klebrigen Quetschkartoffeln und der fixen Sauce, in der alles ertränkt wurde. Im Zuge des irischen Wirtschaftswunders sind Restaurants wie Pilze aus dem Boden geschossen, und jede Woche kommen im Durchschnitt zwei neue hinzu. In Dublin kann man auf einem Quadratkilometer eine kulinarische Weltreise unternehmen, wenn man sich die horrenden Preise leisten kann.

Aber es gibt ein anderes Problem. In indischen und italienischen, selbst in chinesischen und mexikanischen Restaurants kennt man die Gerichte und versteht die Speisenkarte. In den irischen Gaststätten wird das zunehmend schwerer, vor allem, wenn sie auf der Goldeselmeile in der südlichen Innenstadt liegen. Die Besitzer erfinden ständig neue Namen für die alten Gerichte, damit die Kundschaft glaubt, das Restaurant sei innovativ. So heißt der Rochen nicht mehr „Ray“, sondern „Skate“, weil es vornehmer klingt. Und Pommes mutierten von „Chips“ zu „French fried potatoes“ – auf diese Weise wird aus dem traditionellen Arbeiteressen „fish and chips“ plötzlich eine französische Spezialität, für die man 20 Euro hinblättern muss.

Besonders töricht ist die Erfindung neuer Begriffe für Zubereitungsarten. „Panfried“ findet man in keinem Wörterbuch – wozu auch? „Pfannengebraten“ ist etwa so vielsagend wie „saubergewaschen“. Niemand wird annehmen, dass der Koch das Steak in seinem Turnschuh zubereitet hat. Die Irish Times taufte die Sprache „UKainian“ – nach dem Vorbild der Snobs auf der Nachbarinsel, dem United Kingdom (UK). Am schlimmsten aber ist der aufgesetzte Dialekt der Snobs, der klingt, als ob sie Murmeln im Mund hätten oder der königlichen Familie angehörten.

Doch die gewöhnt sich ihren lächerlichen Akzent offenbar gerade ab. Prinz William, der Thronfolger nach dem ewigen Thronfolger, nahm neulich auf der Militärakademie Sandhurst an einer Party der auszubildenden Offiziere teil. Das originelle Party-Thema: „Chav.“ Das sind Proleten. William und die anderen angehenden Offiziere zogen sich allesamt Adidas-Trainingshosen, Turnschuhe, Goldketten und Baseballkappen an und legten sich prollige Akzente zu. Das ist sehr lustig, fand auch die Boulevardpresse.

Diese „Chav Bops“ erfreuen sich wachsender Beliebtheit an elitären Privatschulen, aber auch an den Universitäten Oxford und Cambridge. Das Schema ist immer dasselbe: Privilegierte Arschlöcher tun so, als ob sie arm wären. Und auf ihren Websites machen sie ihre Witze über die Menschen, die sie zu ihrer Belustigung nachäffen. Zum Beispiel: Wie nennt man eine „Chavette“ im weißen Trainingsanzug? „Die Braut.“ Oder: Was macht man, wenn man einen Chav überfahren hat? „Man fährt rückwärts, um sicherzugehen.“

William passt in diese Clique, schließlich stammt er aus einer verkommenen Familie: der Großvater ist Rassist, der Vater ein arroganter Besserwisser, der Onkel Andrew ein schlichter Geist. Und sie sind von den Untertanen ja immer noch nicht zum Teufel gejagt worden. So haben sie sich den Amateur-Proll William redlich verdient.

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