Bundesbank schlägt Reichensteuer vor

DEBATTE Bei Konservativen und Sparern ist sie hochumstritten: Jetzt macht sich die Bundesbank für eine Vermögensabgabe stark – allerdings für Gutsituierte in Eurokrisenländern. Die SPD applaudiert

FRANKFURT/BERLIN dpa | Die Debatte über eine Vermögensabgabe zur Eindämmung von Staatsschulden hat einen unerwarteten Fürsprecher bekommen: Aus Sicht der Bundesbank sollten Eurokrisenländer bei einer drohenden Staatsinsolvenz die Bürger notfalls einmalig zur Kasse bitten können. Anstatt Hilfen reicher Partnerstaaten wie Deutschland zu beantragen, könnten klamme Länder spätestens bei drohender Überschuldung zuerst das Vermögen ihrer Steuerzahler anzapfen, schlug die Bundesbank in ihrem am Montag vorgelegten Monatsbericht vor.

Die Risiken wie Kapitalflucht seien allerdings beträchtlich, betont auch die Bundesbank. Vorstöße für eine Vermögensabgabe sorgen regelmäßig für Aufregung, bei Konservativen wie bei Sparern. Im Herbst hatte sich der Internationale Währungsfonds (IWF) mit der Idee einer Vermögensabgabe zur Schuldentilgung befasst. Die Aussagen der Bundesbank zielen jedoch eher in Richtung von Euroländern wie Griechenland, wo es zur Lösung der Schuldenkrise keine größeren Belastungen für Vermögende oder reiche Industrielle gab. Auch in Italien sind private Vermögen sowie Staatsschulden sehr hoch. In Zypern wurden zuletzt vermögende Sparer herangezogen.

Für Deutschland ist eine einmalige Vermögensabgabe kein Thema. Nach Angaben der Bundesbank ist die Haftung für Verbindlichkeiten anderer Mitgliedstaaten nach geltenden Regeln weitgehend ausgeschlossen. „Hilfsprogramme, die von den Steuerzahlern anderer Mitgliedstaaten finanziert werden, sollten nur im Ausnahmefall und als letzte Verteidigungslinie zum Einsatz kommen, wenn andernfalls die Finanzstabilität in der Eurozone massiv gefährdet wäre.“

Um Kapitalflucht zu vermeiden, dürfe die Sondersteuer nur im äußersten Notfall und nur einmalig erhoben werden. Zudem müsse die Abgabe schnell entschieden und durchgezogen werden, um Steuerflucht zu vermeiden. Allerdings stelle sich die Frage nach einer Vermögensabgabe derzeit nicht, weil alle Euroländer sich entweder am Kapitalmarkt refinanzieren könnten oder in einem Hilfsprogramm steckten, so die Bundesbank.

Gut sechs Jahre nach Ausbruch der Wirtschafts- und Finanzkrise bescheinigt die Bundesbank den Eurokrisenstaaten Fortschritte. Für eine Entwarnung sei es aber noch zu früh. Auch wenn die Rezession überwunden ist und die Aufschläge für Staatsanleihen wieder sinken, dürften die Krisenländer in ihrem Reformeifer nicht nachlassen. Auch den Schuldenstand bekommen die Länder noch nicht in den Griff. Die staatlichen Schuldenquoten seien weiter deutlich gestiegen – auf teilweise weit mehr als 100 Prozent der Wirtschaftsleistung.

Die IWF-Ökonomen errechneten im Herbst eine Vermögensabgabe „auf Haushalte mit positiven Nettovermögen“ von etwa 10 Prozent, um den Schuldenstand in den Euroländern auf Vorkrisenniveau von 2007 zu senken. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hatte 2012 Zwangsanleihen und eine einmalige Vermögensabgabe auf höhere Privatvermögen zur Sanierung der Staatskassen vorgeschlagen. Nach einer früheren Statistik der Bundesbank haben die Deutschen den Rekordwert von 5,027 Billionen Euro auf der hohen Kante. Zugleich liegen die Staatsschulden mit mehr als zwei Billionen Euro bei weniger als 80 Prozent der Wirtschaftsleistung. Die SPD begrüßte den Vorstoß. „Ich unterstütze die Erkenntnis der Bundesbank für eine stärkere Beteiligung privater Vermögen bei der Konsolidierung der öffentlichen Haushalte“, erklärte Fraktionsvize Carsten Schneider.