Energieversorger lehnt Bürgermillionen ab

STROM „Energie in Bürgerhand“ kann nicht bei der Thüga einsteigen. Initiative sucht nun neues Projekt

Die Vision: ein ökologisches Musterstadtwerk in einer mittelgroßen Stadt

FREIBURG taz | Die Freiburg-Schönauer Genossenschaft „Energie in Bürgerhand“ (EiB) muss sich ein neues Projekt suchen: Der Einstieg beim Energieversorger Thüga ist gescheitert, weil ein Großteil der Thüga-Gesellschafter diesen ablehnte.

Die Initiative rund um den Vordenker der Elektrizitätswerke Schönau, Michael Sladek, hatte seit März letzten Jahres 28 Millionen Euro gesammelt. Mit dem Geld wollte sie einen Teil der Thüga erwerben, um damit Einfluss auf deren Unternehmenspolitik zu gewinnen. Diese Chance hatte sich ergeben, weil Eon das Unternehmen, das Beteiligungen an fast 100 Stadtwerken hält, aus kartellrechtlichen Gründen abgeben musste.

In einer ersten Runde hatte im letzten Sommer ein Konsortium kommunaler Energieversorger die Thüga für 2,9 Milliarden Euro übernommen. Anschließend hatte das Konsortium angeboten, in einer zweiten Runde weitere Gesellschafter aufzunehmen – doch die bunte Bürgertruppe passte einigen Stadtwerken wohl nicht ins Konzept. Von „grundlegenden strukturellen Unterschieden“ war die Rede.

Ein Thüga-Gesellschafter, der sich stark für die Genossen engagiert hatte, war der Freiburger Energieversorger Badenova. Er konnte sich am Ende aber nicht durchsetzen.

Badenova-Vorstand Maik Wassmer bedauerte die Entscheidung der Mitgesellschafter: „Die genossenschaftlich organisierte Initiative hat sich in vielen Gesprächen und Verhandlungen als seriöser und kompetenter Partner erwiesen.“

Dass der Freiburger Regionalversorger sich für EiB stark machte, resultierte aus einem offenkundigen strategischen Interesse des Unternehmens: Obwohl Badenova im Vergleich zu anderen Regionalversorgern ein überdurchschnittliches Umweltengagement zeigt, steht das Unternehmen bei Freiburgs starker Umweltbewegung häufig in der Kritik, nicht genug in dieser Richtung zu tun. Ein Einstieg der Genossenschaft bei der Thüga hätte die Kritiker mit in die Firmenpolitik eingebunden und damit die Position von Badenova in Freiburg gestärkt.

Für die Genossenschaft stellt sich nun die Frage: Wohin mit den 28 Millionen Euro? Grundsätzlich war das Geld zweckgebunden gesammelt worden, weshalb jeder Bürger nun die Möglichkeit hat, es zuzüglich Zinsen zurückzufordern. Doch EiB setzt darauf, dass die Bürger ihr Geld auf dem Treuhandkonto belassen, bis ein Nachfolgeprojekt benannt ist. Mitte September soll ein solches vorgestellt werden.

„Wir haben bereits einige attraktive Angebote vorliegen, die nun geprüft werden“, sagt EiB-Vorstand Burghard Flieger. Vorstellbar wäre etwa, dass EiB sich mit dem Geld an einem Stadtwerk oder Regionalversorger in Deutschland beteiligt, indem die Bürger einen der Atomkonzerne aus dem betreffenden Unternehmen herauskaufen. Es gibt Stadtwerke mit Gesellschaftsverträgen, nach denen das mit Zustimmung des Gemeinderates möglich ist. Dann könnte mit Hilfe der EiB eine Art ökologisches Musterstadtwerk in einer vermutlich mittelgroßen Stadt geschaffen BERNWARD JANZING