Boeing vor Airbus

Der US-Flugzeugbauer kann einen Triumph melden: 60 neue Aufträge – macht insgesamt 480. Airbus hat erst 117

FARNBOROUGH rtr ■ Im Konkurrenzkampf zwischen Airbus und Boeing liegt der US-Flugzeugbauer wieder vorn: Boeing konnte gestern auf der britischen Luftfahrtmesse in Farnborough melden, dass Indonesien und einige arabische Länder 60 Maschinen geordert hätten. Wert der Aufträge: knapp zehn Milliarden Dollar.

In den vergangenen fünf Jahren hatte Airbus stets mehr Aufträge ergattert als Boeing. Dies könnte sich in diesem Jahr aber ändern. Insgesamt hat Airbus im ersten Halbjahr 117 Bestellungen verbucht, Boeing hingegen zählt inzwischen 480 Aufträge.

Dieser Triumph kommt gerade zur rechten Zeit. Noch am Sonntagabend hatte Boeing einräumen müssen, dass es Probleme bei der Entwicklung seines Langstreckenmodells 787 „Dreamliner“ gibt. Das Flugzeug soll aber trotzdem ab 2008 ausgeliefert werden.

Das Konkurrenzmodell von Airbus A 350 kämpft ebenfalls mit Lieferverzögerungen, weil sich Kunden beschwerten, dass das Flugzeug zu viel Kerosin verbraucht. In Farnborough stellte Airbus gestern daher eine neue Variante vor: den A 350 XWB. Das Kürzel steht für „Extra Wide Body“. Das Modell kommt aber erst 2012 auf den Markt – zwei Jahre später als geplant. Zudem kostet die Neuentwicklung nun rund zehn Milliarden US-Dollar und damit gut doppelt so viel wie ursprünglich veranschlagt.

Die 14 Fluggesellschaften, die bereits 182 „alte“ A350 geordert haben, können nun neu entscheiden. Airbus-Verkaufschef John Leahy rechnet damit, dass allenfalls einer oder zwei Kunden abspringen.

Einen Teil der Milliardenkosten will Airbus über staatliche Darlehen finanzieren. Über die Summe und die Art der Beihilfen müsse aber noch beraten werden, sagte Airbus-Chef Streiff. Dabei dürften diffizile Verhandlungen nötig werden: Die USA und die EU streiten seit langem, wer seine Flugzeugbauer stärker subventioniert.

Airbus kündigte in Farnborough zudem an, dass die verzögerte Erstauslieferung des Riesenjumbos A380 Konsequenzen haben werde. Näheres wurde nicht bekannt. Wegen Schwierigkeiten mit der Bordelektronik hatte Airbus vor wenigen Wochen mehrmonatige Lieferverzögerungen für das größte Passagierflugzeug der Welt angekündigt; daraufhin fiel der Aktienkurs des Mutterkonzerns EADS um etwa ein Drittel. Die neuen Ankündigungen aus Farnborough hinterließen bei den Anlegern keinen Eindruck: Gestern notierte die EADS-Aktie fast unverändert bei 20,66 Euro.

Der weltweite Markt für zivile Flugzeuge dürfte in den nächsten 20 Jahren um 11.000 Maschinen im Gesamtwert von 370 Milliarden Dollar wachsen. Das schätzt der kanadische Flugzeughersteller Bombardier, der sich dabei nur auf Flugzeuge mit 20 bis 149 Sitzen bezog.